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Ein Jahr Gefängnis für
zwei »Posträuber«

Trotz Verurteilung bleiben noch viele Fragen offen

Von Amrei Horstbrink
Gütersloh (WB). Sie sollen Postkästen geplündert haben. Geld, Schecks, Gutscheine und Kreditkarten fielen ihnen dabei in die Hände. Beim letzten Coup allerdings klickten die Handschellen. Dafür mussten sich gestern zwei Männer aus Rheda-Wiedenbrück und Beckum vor dem Amtsgericht verantworten. Beide müssen für ein Jahr in den Knast.

Detlef C. (49) und seinem Kumpanen Peter D. (44) wirft die Staatsanwaltschaft vor, Anfang 2004 mit einem Schlüssel ihres ehemaligen Arbeitgebers in sieben Fällen Briefkästen in Beckum, Oelde, Rheda und Gütersloh Briefkästen geöffnet und die Postsäcke entwendet zu haben, um an Bargeld zu kommen. Sie sollen für das Verschwinden unzähliger Briefsendungen verantwortlich sein (das WESTFALEN-BLATT berichtete). »Nein, wir haben nicht alle Taten begangen«, beteuerten die Angeklagten. Nur drei der Anklagepunkte träfen zu. Trotzdem: insgesamt seien sie 10 bis 15 Mal auf Diebestour gegangen. Pro Briefkasten wollen sie jeweils zwischen 150 bis 300 Euro erbeutet haben. »Ich habe immer die Kästen geleert, mein Kumpel hat die Briefe durchsucht. Manche haben wir wieder reingeworfen«, sagte der arbeitslose Peter D. aus. Zwei Zeugen konnten nicht wesentlich zur Aufklärung beisteuern.
Beide Täter sind vorbestraft und haben einige Straftaten auf dem Kerbholz. Kennengelernt haben sich die Männer im Gefängnis, weil sie mehrjährige Haftstrafen wegen sexueller Nötigung und schwerer räuberischer Erpressung absitzen mussten. Letztendlich spielten die Vorstrafen eine große Rolle bei der Verurteilung. In seiner Begründung wies Richter Edmund Rammert darauf hin, dass D., ein gelernter Maurer, keine Lehren aus seinen Gefängnisaufenthalten gezogen habe. Deshalb sei die Strafe auch nicht zur Bewährung ausgesetzt worden. Detlef C., der früher als Speditionskaufmann arbeitete, habe während der Tatausführungen noch eine Bewährungsstrafe verbüßt.
»Offensichtlich waren noch andere Täter an der Entwendung von Wertgegenständen aus Briefen beteiligt«, erklärten die Verteidiger in ihren Plädoyers. Ihrer Einschätzung nach wollten Polizei und Staatsanwaltschaft den Fall möglichst schnell erledigt wissen und versuchten nun, den Angeklagten weitere Fälle unter zu schieben. »Es sollte der Eindruck entstehen, dass die Post wieder sicher sei«, meinte Rechtsanwalt Michael Kohlmeyer.
Auch der Vorsitzende vertrat in seiner Urteilsverkündung die Ansicht, dass noch weitere Täter am Werk gewesen sein müssen. Ein Zeuge hatte nämlich damals zwei Fahrer beobachtet, wie sie in ihrem Fahrzeug Briefe »befühlten«. Der Mann konnte jedoch nicht bestätigen, dass es sich dabei um die beiden Angeklagten handelte.
Über das Motiv der »Posträuber« kann nur spekuliert werden. C. versuchte dem Gericht zu erklären, dass er die Taten nicht aus Geldmangel sondern aus Frust verübt habe.
Ob mit den Verurteilten nun die Urheber der Brief-Diebstähle in Gütersloh dingfest gemacht wurden, bleibt unklar.

Artikel vom 05.03.2005