05.03.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Von Wolfgang Wotke

Gütersloher
Wochenschauer

Die Praxis sieht anders aus


Erstmals hatte das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen als einziges Bundesland Mut bewiesen, als es vor zwei Jahren entschied, die tatverdächtigen Spätaussiedler und ihren Anteil an den Gesamttatverdächtigen separat in die Kriminalstatistik aufzunehmen. Am Donnerstag wurden von der Polizei und dem Landrat nun auch für den Kreis Gütersloh die Zahlen veröffentlicht.
Das Resultat verblüfft: Nur 4,45 Prozent ist der Anteil der tatverdächtigen Spätaussiedler. Die so genannten tatverdächtigen Nichtdeutschen sind um knapp zwei Prozent auf 26,16 Prozent gestiegen. Doch irgendetwas scheint an diesen Zahlenerhebungen nicht zu stimmen, denn die Praxis sieht einfach anders aus. Als Gerichtsreporter weiß ich, was in den Sälen des Landgerichtes in Bielefeld und in den Amtsgerichten im Kreis Gütersloh geschieht. Auf der Anklagebank sitzen vor allem immer mehr ausländische Jugendliche, die zu Gewalt und Kriminalität neigen. Eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstitutes in Niedersachsen hat jüngst ergeben, dass der Anteil der Ausländer und der Aussiedler unter den jungen Gefangenen der westdeutschen Strafanstalten dreimal so hoch ist wie ihr Bevölkerungsanteil in der entsprechenden Altersgruppe. Als Gründe werden mangelnde Schulbildung, Arbeitslosigkeit und ethnische Ausgrenzung betrachtet. Doch das wollen unsere Politiker nicht wahr haben und verschließen ihre Augen vor der Realität. Der Polizei und den Staatsanwaltschaften sind die Hände gebunden. Obwohl die stetig steigende Ausländerkriminalität hierzulande auch dort hinter vorgehaltenen Händen intensiv diskutiert wird, dürfen sich die Beamten nicht öffentlich dazu äußern. Ende Februar hat der Pressedezernent des Landgerichtes Bielefeld an die Zeitungsredaktionen wie vor jedem neuen Monat eine Übersicht der erstinstanzlichen Straftaten, die im März verhandelt werden sollen, per E-Mail verschickt. 15 Verhandlungen sind da anberaumt. Man mag es nicht glauben, aber es ist wahr: 13 Prozesse werden gegen Nichtdeutsche geführt. Die Frage sei erlaubt: Was ist los in diesem Land?

Artikel vom 05.03.2005