05.03.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Razzia bei Neonazi Schönborn

Der frühere NF-Anführer soll staatsfeindliche Flugblätter verbreitet haben

Von Michael Delker
Gütersloh/Herzebrock (WB). Der vorbestrafte Neonazi Meinolf Schönborn ist erneut in das Visier des Staatsschutzes geraten. Am Freitagmorgen durchsuchten Beamte den Versandhandel des früheren Anführers der mittlerweile verbotenen »Nationalistischen Front« (NF) in Herzebrock-Clarholz.

Wie die Dortmunder Staatsanwältin Dr. Ina Holznagel gestern dem WESTFALEN-BLATT erklärte, steht Schönborn unter dem Verdacht, Flugblätter der so genannten »Reichsbürgerbewegung zur Befreiung Deutschlands« von Herzebrock aus verbreitet zu haben. In den Schmähschriften wird die Bundesrepublik diffamiert und dazu aufgefordert, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beseitigen. Die Fremdherrschaft der Alliierten sei zu beenden und das »Deutsche Reich« wiederherzustellen. Als einer der Urheber gilt der frühere NPD-Anwalt Horst Mahler.
Unklar ist, welche Rolle Meinolf Schönborn bei der Erstellung und Verbreitung der Flugblätter einnimmt. »Bei der Durchsuchung sind Beweismittel sicher gestellt worden. Diese müssen jetzt allerdings erst ausgewertet werden«, sagt Dr. Ina Holznagel. Die Flugblätter (»Das Deutsche Reich wird wieder handlungsfähig«/»Eine Million Flugblätter warten auf den Angriff«) seien bereits seit einiger Zeit in der rechten Szene verbreitet worden. Obwohl Horst Mahler der presserechtlich Verantwortliche sei, konzentriere die Staatsanwaltschaft in diesem Fall die Ermittlungen auf den Betreiber des Versandhandels, Meinolf Schönborn. Grund sei, dass gegen Mahler von zahlreichen anderen Staatsanwaltschaften ermittelt werde. »Die Strafprozessordnung erlaubt uns, unsere Ermittlungen auf den Beschuldigten in unserem Zuständigkeitsbereich zu konzentrieren«, erklärt Holznagel.
Meinolf Schönborn war in den 80er Jahren in der NPD aktiv und gründete später die »Nationalistische Front«. 1992 wurde die Organisation verboten. Wegen Fortführung der NF wurde Schönborn dann Mitte der 90er Jahre zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Danach wurde es lange Zeit still um ihn. Im vergangenen Juni demonstrierten dann Antifa-Gruppen vor Schönborns Laden »Meniha« an der Brocker Mühle in Herzebrock. Er hatte den Laden vor knapp zwei Jahren eröffnet und vertreibt dort keltische Accessoires und Wikinger-Zubehör. Außerdem ist er Inhaber des »Z-Versandes«.
Laut Antifa versteht sich die »Reichsbürgerbewegung« nicht als Verein, sondern als Netzwerk und Bewegung. Die Anhänger hätten für sich eine absurde Parallelwelt geschaffen, die sich etwa in der Ausgabe von »Reichsausweisen« ausdrücke.

Artikel vom 05.03.2005