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Von Geigenklang bis zum Gesang

In der Orchesterschule lernen 160 Schüler eine Vielzahl von Instrumenten spielen

Von Stefanie Hennigs
Versmold (WB). CJD-Gymnasium, Musiktrakt, 14 Uhr. Wer jetzt leise durch die Flure geht, wird Ohrenzeuge einer ganz besonderen Musik. Hinter der ersten Tür schmettert eine Trompete, hinter der nächsten erklingen die schnellen Läufe eines Klaviers. Noch ein Zimmer weiter zieht ein Bogen zart über die Saiten eines Cellos. Panikorchester? Von wegen! Die Orchesterschule macht Lust darauf, die Türen zu öffnen und zuzuhören.

Sie bietet seit 20 Jahren großen und kleinen Instrumentalisten und Sängern aus Versmold und Umgebung die Möglichkeit, ein Instrument oder Gesang zu lernen. Der Name ist dabei Programm: Denn das Angebot ist so breit gefächert, dass ein Orchester mehr als doppelt besetzt werden könnte. Von G wie Gesang bis V wie Violoncello ist dabei so einiges vertreten, auf dem mit Bogen, Saiten und Tasten gespielt werden kann. 13 Instrumente, Gesang und Musikalische Früherziehung stehen dabei auf dem Stundenplan. »21 Lehrkräfte unterrichten 160 Schüler«, erläutert Orchesterschul-Leiter Michael Lempik. Ob Violine, Klavier oder Oboe, Schlagzeug, Harfe, Gitarre oder Saxophon: »Der Einzelunterricht liegt uns am Herzen.« Dass mehrere Kinder in einer Gruppe zusammen üben, sei vor allem für die Kinder unbefriedigend. »Denn man muss in den 45 Unterrichtsminuten immer einen Spagat machen. Die Kinder sind Individuen. Unterrichtet man mehrere, langweilt sich ein Kind oder ist überfordert.«
Trotz Einzelunterricht: Auf das gemeinsame Musizieren legt die Orchesterschule großen Wert. »In kleinen Gruppen bis hin zum Orchester.« Doch im Unterricht wolle man individuell auf jedes Kind einstellen. Vor allem Sieben- bis 19-Jährige lernen in der Orchesterschule, aber auch eine Reihe Erwachsener ist dabei. Was sie gelernt haben, können die Schüler bei den regelmäßigen Serenadenkonzerten, Weihnachtsfeiern oder anderen Auftritten. Denn das, was sie können, sollen sie anderen weitergeben. »Und auch den Umgang mit Lampenfieber muss man gelernt haben.« Fehler machen - ganz klar - sei natürlich erlaubt. »Wer das nicht möchte, kann auch eine CD hören.«
In den neuen Musik-Übungs-Räume in dem im vergangenen Jahr fertig gewordenen Anbau des Gymnasiums finden die Musikschüler ideale Bedingungen zum ungestörten Üben vor. Doch eine Aula, die durch Spenden finanziert werden soll, würde gerade die Auftrittsmöglichkeiten enorm verbessern. Michael Lempik sieht die wichtige Bedeutung des Musizierens: »Es ist kein Allheilmittel. Aber Studien haben belegt, dass Kinder, die ein Instrument lernen, auch in anderen Fächern fit sind.« Denn Musizieren ist mehr als das bloße Abspielen von Noten aus einem Buch. »Sie erfahren wie es ist, Probleme anzugehen und ihre Konzentration zu üben. Beim gemeinsamen Musizieren lernen sie Verantwortung zu übernehmen oder sich unterzuordnen.« Lempiks deutlicher Appell an die Politik: »Es ist sinnvoller, Geld für Musik und Kultur zu investieren als für U-Haften und Entziehungskuren.«
Vielen Eltern ist es die musikalische Erziehung nach wie vor wert, den Unterricht zu finanzieren. Vor allem den Müttern und Vätern, die selbst einmal ein Instrument gelernt hätten. Die Euro-Einführung habe man jedoch gespürt, sagt Lempik. »Es ist einfach weniger Geld da.« Die Orchesterschule liege mit ihren Gebühren jedoch am unteren Durchschnitt. »Und wir bekommen keine Unterstützung von Stadt oder Kreis.«
Unterstützung bietet die Orchesterschule ihren Schülern: Es gibt Leihinstrumente, finanziert aus Konzert-Spenden, zu günstigen Konditionen. »Nach ein, zwei Jahren kann man absehen, ob ein Kind bei der Stange bleibt und sich der Kauf eines eigenen Instruments lohnt.« Auch bei einem Tag der offenen Tür können Kinder die Instrumente ausprobieren - das nächste Mal im Herbst.

Artikel vom 05.03.2005