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Das Wort zum Sonntag

Von Paul A. Lipinski, Krankenhauspfarrer


Im kirchlichen Unterricht beschäftigten sich die Konfirmandinnen und Konfirmanden der Evangelischen Kirchengemeinde Lübbecke mit dem Thema »Gebet«. Die Pfarrer brachten aus Taizé die Idee mit, dass sich jeder eine eigene Gebetsbank bauen sollte. So wurde zunächst mit mehr oder weniger handwerklichem Geschick, aber immer mit Eifer und gegenseitiger Unterstützung, geschmirgelt, gehämmert und geschraubt.
Ich war von dieser Aktion sehr begeistert, und als ich anfragte, ob man uns fürs Krankenhaus nicht auch ein Gebetsbänkchen machen könne, bekamen wir zwei für den Andachtsraum geschenkt. Nun übe ich manchmal, auf dem weichen Teppich im Andachtsraum kniend und auf dem Bänkchen sitzend, das meditative Beten. Dabei nehme ich, dank des Bänkchens, eine gerade und doch entspannende Haltung ein.
Bei den Katechumenen und Konfirmanden beginnt inzwischen so der Unterricht mit einer meditativen Einstimmung. Es wird ein biblisches Wort bedacht, Stille geübt und dann ein Gebet gesprochen. Es soll eine faszinierende Erfahrung sein, wie dabei selbst die Unruhigsten zur Stille kommen und offen und ernsthaft werden für Fragen und Gedanken über Gott und das Leben.
In allen Religionen hat Beten einen herausragenden Stellenwert - sei es als Gebet für sich selbst oder für andere. Als Protestant gibt es für mich persönlich keine zwangsläufig vorgeschriebene äußerliche Gebetshaltung. So oder so oder noch ganz anders kann ich mich an Gott wenden.
Nicht wie ich bete, sondern dass ich beten kann und darf, ist für mich entscheidend.
Gebet als Aussprechen von Hoffnung und Angst, von Gedanken, Wünschen und Freude, von Dank und Fürbitten, Sorgen, Schwächen und Stärken vor Gott. Dieses Aussprechen ist Ausloten und Festmachen meiner ganzen Existenz in ihm.
Für ein Krankenhaus ist es meines Erachtens besonders wichtig, nicht nur ein Ort medizinischer Hilfe und technischen Fortschritts zu sein, sondern immer auch ein Ort mit heiliger Energie. Ob es sich um das Stoßgebet »O, Gott!« handelt, um das auswendig gelernte »Vater unser«, oder tausende inwendig gestammelte oder aus dem Herzen fließende Gebete.
Im März 1985 wurde das neue Krankenhaus in Lübbecke eröffnet. Zunächst hatten die Architekten vergessen, an einen Andachts- und Gottesdienstraum zu denken. Inzwischen haben wir sogar einen eigenen Gebetsraum für die muslimischen Patienten. Ich finde es auch gut, mit wie viel Engagement man sich in Minden für die Errichtung einer Krankenhauskapelle im neuen Klinikum einsetzt.
In einem seiner Psalmen betet der bekennende Christ und Kabarettist Hanns Dieter Hüsch zu Jesus folgendermaßen: »Kleiner Herr, ich wünsche mir eine Welt der Stille mit einer sanften Gesellschaft, die zufrieden und glücklich Anfang und Ende lebt.«
Zugegebenermaßen seine sehr eigene Formulierung.
Ich wünsche Ihnen, dass aber auch Sie Ihre sehr eigenen Worte für Ihre Gespräche mit Gott finden - probieren Sie es doch einfach.

Artikel vom 05.03.2005