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Finanznot führt erstmals zu interner Krise

Pastor Werner Lohmann erinnert sich an die bewegten Jahre zwischen 1996 und Ende 1999

Werther (WB/dh). Was seit Monaten befürchtet werden musste, wurde am 24. Januar 1996 traurige Realität: Im vierten Teil seiner (verkürzten) Krankenhaus-Chronik schildert Pastor Werner Lohmann, langjähriger Vorsitzender Gesellschafterversammlung, wie die Landesverbände der Krankenkassen den mit dem Krankenhaus Werther geschlossenen Versorgungsvertrag mit einer einjährigen Kündigungsfrist auflösten:

Ebenso bekamen noch sechs weitere Krankenhäuser in Westfalen die Kündigung, darunter auch das Ev. Krankenhaus Rheda. Dabei fiel auf, dass alle sieben Häuser konfessionelle Träger hatten. Begründet wurde die Kündigung damit, dass das St. Jacobistift für eine bedarfsgerechte Behandlung der Versicherten nicht mehr erforderlich sei und das Haus nicht mehr die Gewähr biete für eine wirtschaftliche und leistungsfähige Krankenhausbehandlung.
Da der neue Verwaltungsleiter der Ansicht war, dass die Kündigung auf wackeligen Füßen stehe, beauftragte der Krankenhausträger den renommierten Stuttgarter Fachanwalt Dr. Michael Quaas mit der rechtlichen Vertretung in den Auseinandersetzungen mit den Krankenkassen und dem Ministerium. Die Kündigung musste binnen der nächsten drei Monate vom NRW-Gesundheitsminister Axel Horstmann bestätigt oder abgelehnt werden.
Die Bevölkerung war tief betroffen: Bereits beim 121. Stiftungsfest am 20. Januar 1996 war eine große Gemeinde in der Kirche versammelt, um im Gottesdienst für den Erhalt des Hauses zu beten. Am 23. April kam dann das erwartete Schreiben von Gesundheitsminister Axel Horstmann, in dem es heißt: »Ich bedauere sehr, Ihnen mitteilen zu müssen, dass die Unverzichtbarkeit Ihres Hauses für die Versorgung der Bevölkerung nicht nachgewiesen werden konnte.«
Der Rechtsbeistand des Krankenhauses hielt dagegen, dass nicht der Blick auf die regionale Versorgung für eine Schließung ausschlaggebend sein dürfe und reichte einen förmlichen Widerspruch gegen den Ministerbescheid ein. Der ganze Unmut der Bevölkerung kam zum Ausbruch, als der Minister am 28. September 1996 nach Werther kam, um seine Entscheidung zu begründen und zu verteidigen. Es waren 500 aufgebrachte Bürger in der Aula der Hauptschule versammelt.
Nach den turbulenten Monaten des Jahres 1996 versuchte nun der Krankenhausträger trotz des schwebenden Gerichtsverfahrens zu einer kontinuierlichen und geordneten Arbeit zurückzufinden, die letztlich dem Wohl der Patienten dienen sollte. Im Laufe des Jahres 1997 kam vom Ministerium in Düsseldorf die Mitteilung über die Bewilligung von 406 000 D-Mark für den weiteren Ausbau. Der Hintergrund für diese unerwartete Zahlung war in der letzten Investition zu sehen, die in den Jahren 1992 bis 1994 stattfand und für die das Land 7,5 Millionen DM zur Verfügung gestellt hatte. Da die bereitgestellte Summe damals nicht ausgereichte, konnten nun mit dem neuen bewilligten Geld die notwendigen Brandschutzmaßnahmen und andere noch nicht fertiggestellte Arbeiten finanziert werden.
Weil der notwendige Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung lange Zeit nicht vorlag, konnte erst nach knapp zwölf Monaten Klage gegen das Land NRW beim Verwaltungsgericht Minden durch Dr. Quaas erhoben werden. Daher rechnete der Verwaltungsleiter Hans-Werner Ringstmeyer kaum noch mit einer richterlichen Entscheidung im alten Jahrtausend - was sich später als richtig herausstellte.
Im Blick auf 1999 zeigten sich neue dunkle Wolken am Krankenhaus-Himmel, die im Blick auf die Zukunft wenig Gutes ahnen ließen. Zunächst stand auf medizinischem Sektor bei den Chefärzten ein doppelter Wechsel an: Bernd Lohmann hatte zum 30. Juni 1990 gekündigt und Dr. Klaus Engert zum 31. Dezember 1999. Als Nachfolger des Chefarztes Bernd Lohmann wurde Dr. med Joachim Busse vom Krankenhaus Gilead in Bethel nach Werther berufen.
Ein weiterer Wechsel innerhalb der Betriebsleitung erfolgte zum 1. Oktober 1999: Der bisherige Verwaltungsleiter Hans-Werner Ringstmeyer schied aus den Diensten des Krankenhauses aus. Vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1999 war übergangsweise der Geschäftsführer Franz Streyl von den Krankenanstalten in Bethel aals Verwaltungsleiter tätig.
Im Laufe des Jahres 1999 ging die Bettenauslastung trotz steigender Fallzahlen rapide zurück und war mit nur noch 70 Prozent viel zu wenig für einen kostendeckenden Krankenhausbetrieb. In dem kurzfristig erstellten Sanierungskonzept wurde das Weihnachtsgeld zum Leidwesen der Beschäftigten gestrichen beziehungsweise zu einem späteren Zeitpunkt augezahlt sowie der medizinische Sachbedarf entsprechend den vorhandenen Budgetgrenzen wirtschaftlich angepasst.
Inzwischen war allen klar geworden, dass in Zukunft das Krankenhaus Werther nicht mehr in eigener Trägerschaft bestehen bleiben konnte. Herr Streyl, der schon längere Zeit als »knallharter Sanierer« galt, sagte in aller schonungslosen Deutlichkeit, dass keine Zeit für eine Sanierung zu verlieren sei und dass das kommende Jahr 2000 für die weitere Existenz des Hauses entscheidend sei. So kriselte es Ende 1999 ganz erheblich, dieses Mal erstmalig im internen Bereich, weil durch die zum Teil hausgemachten finanziellen Schwierigkeiten die Debatte um die zukünftige Ausrichtung des Krankenhauses neu aufgeflammt war. Serie wird fortgesetzt

Artikel vom 05.03.2005