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Im Notfall immer ein offenes Ohr

WESTFALEN-BLATT-Serie »Notruf 112«: Leitstelle koordiniert 40 000 Einsätze im Jahr

Von Andreas Eickhoff
Gütersloh (WB). »Feuerwehr-Notruf« klingt es aus dem Hörer kurz und knapp, wenn man die »112« gewählt hat und dringend Hilfe benötigt. Egal, ob man sich den Finger gebrochen hat und mit dem Rettungsdienst ins Krankenhaus muss, die Verletzung oder Erkrankung so schlimm ist, dass auch noch ein Notarzt benötigt wird, oder schlicht »nur« die Feuerwehr anrücken muss: Die Hilfe kommt! Immer. Schnell. Zuverlässig.

»Leider wissen die Leute nicht immer, wo sie sich gerade aufhalten. Das ist unser größtes Problem«, erläutert Leitstellen-Chef Harald Horstkötter die größten Schwierigkeiten seiner Kollegen im Handy-Zeitalter. »Beispielsweise bei dem tödlichen Unfall vor einigen Wochen am Samstagnachmittag in Rietberg. Der Anrufer hatte so ungenaue Angaben gemacht, dass zunächst die Löschzüge aus Wiedenbrück und Lintel alarmiert wurden. Die wurden auch irgendwann fündig: An der Grenze zwischen Rietberg und Delbrück«, berichtet Horstkötter.
Rund 40 000 Einsätze werden jedes Jahr in der Kreisleitstelle für Feuerwehr und Rettungsdienst an der Friedrich-Ebert-Straße koordiniert. 50 Löschzüge können von hier aus alarmiert werden - mit rund 2600 Helfern. Seit zehn Jahren ist der aus Avenwedde stammende, gelernte Radio- und Fernsehtechniker Harald Horstkötter (47) der »Herr über die Notrufleitungen«.
Bis zu 800 Anrufe pro Stunde wurden hier schon zu Spitzenzeiten entgegen genommen. Zum Beispiel, als im Dezember 2003 plötzlich der Strom im südwestlichen Kreisgebiet ausfiel. Zwei Mitarbeiter sitzen rund um die Uhr auf der Leitstelle, werktags bis mindestens 16 Uhr ein Dritter. »Wenn kein großer Einsatz im Stadgebiet abgearbeitet wird, können kurzfristig zwei weitere (besonders geschulte) Feuerwehrleute aus dem Wach- und Wechseldienst einen Arbeitsplatz in der Leitstelle besetzen. Sonst kann aber auch über die Alarmierung dienstfreier Kräfte zusätzliches Personal gewonnen werden«, erklärt der Brandamtmann Horstkötter, »dass bis zu neun Arbeitsplätze besetzt werden können.«
Insbesondere die Datenpflege ist ein ebenso wichtiges wie dauerhaftes Aufgabengebiet für die Leitstellendisponenten. Damit die Rettungsdienst- und Feuerwehrfahrzeuge möglichst schnell am Einsatzort sind, erhalten sie bei ihren Alarmierungen eine Anfahrtsbeschreibung. Damit die aber auch stimmt, müssen die Daten stets auf den neuesten Stand gehalten werden. »Werden neue Häuser gebaut, muss das ebenso eingearbeitet werden wie eine Straße, die für Bauarbeiten gesperrt wird - nicht, dass die Einsatzfahrzeuge plötzlich in einer Sackgasse stehen.«
Momentan haben Horstkötter und sein Stellvertreter, Olaf Knop, besonders viel zu tun. Eine neue Software soll ab dem Frühjahr laufen, die alte auf einer MS-DOS-Oberfläche hat dann endgültig ausgedient. Statt auf drei Monitoren müssen die Leitstellenmitarbeiter dann auf vier Monitoren das Geschehen im Blick haben. Darauf werden sie momentan in Schulungen vorbereitet, während das neue System bereits im Hintergrund parallel mitläuft. Schließlich möchte man bereits im Vorfeld auf mögliche Schwachstellen aufmerksam werden und nicht erst, wenn es eigentlich zu spät ist.
Auch die Aufbereitung von Einsätzen gehört zu den Aufgaben Horstkötters. Beispielsweise wenn jemand glaubt, zu lange auf ein Rettungsmittel gewartet zu haben. »Alle Notrufe und Funksprüche werden hier aufgezeichnet«, erläutert er, »da können wir problemlos alle Zeiten nachvollziehen.«
Die Kreisleitstelle ist aber auch der Ansprechpartner für überörtliche Einrichtungen. So werden hier beispielsweise Unwetterwarnungen entgegen genommen und gegebenenfalls die betroffenen Kommunen im Kreisgebiet gewarnt. Oder es werden wie nach dem Seebeben in Südostasien Anfragen des Innenministeriums beantwortet: »Welche Berufsfeuerwehrleute können kurzfristig zu einer Hilfsaktion starten?« Dann macht sich Horstkötter daran, zu überprüfen, wer den notwendigen Impfschutz aufweist und aufgrund seiner persönlichen und fachlichen Voraussetzung in der Lage ist, die Anforderungen auch zu erfüllen.

Artikel vom 03.03.2005