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»Bestätigung für Olympia«

Mehrkämpferin Claudia Tonn startet bei der Hallen-EM in Madrid

Von Peter Klute
Paderborn (WB). Am Samstagabend war sie gemeinsam mit ihrem Freund Stefan Drescher Zuschauerin beim Zweitligisten Schröno Paderborn Baskets, am Donnerstag hebt sie ab Richtung Madrid. Dort nimmt Claudia Tonn (23) vom LC Paderborn an den Hallen-Europameisterschaften der Leichtathleten teil, die von Freitag bis Sonntag in der spanischen Hauptstadt ausgetragen werden. Der Fünfkampf der Damen (60 Meter Hürden, Hochsprung, Kugelstoßen, Weitsprung, 800 Meter) mit Tonn steigt am Freitag. Vor dem Höhepunkt der Hallensaison stand sie dem WESTFALEN-BLATT Rede und Antwort.

Mit welchen Erwartungen reisen Sie nach Madrid?Tonn: Schwierig zu sagen. Ich war nicht vorgemeldet und die Einladung kam erst vor zwei Wochen. Ich denke, dass ich im Mittelfeld landen werde, aber viel wichtiger als die Endplatzierung ist für mich ein guter Wettkampf.

Und der müsste Ihrer Meinung nach wie aussehen?Tonn: So wie bei den Deutschen Meisterschaften im Januar in Halle an der Saale, mit dem Unterschied, dass ich 1,80 Meter hochspringe und die Kugel 12,50 weit stoße. Da habe ich mit 1,75 Meter und 11,39 Meter viele Punkte verloren und bin deshalb hinter Sonja Kesselschläger, die als zweite Deutsche mit nach Madrid fährt, auf Platz zwei gelandet. Wenn ich mich im Hochsprung und Kugelstoßen wie erhofft steigern kann, müsste ich meine Bestleistung von Halle (4423 Punkte, Anmerkung der Redaktion) auf 4600 Punkte steigern können und auch besser als Kesselschläger sein. Kugelstoßen habe ich in den vergangenen Wochen mit Bundestrainerin Eva Rapp besonders intensiv trainiert und bin daher optimistisch. Wenn ich tatsächlich um die 4600 Punkte schaffe, wäre ich sehr zufrieden und mir dann relativ egal, ob ich Zweite, Sechste oder Siebte werde. Platz eins ist eh an Olympiasiegerin Carolina Klüft aus Schweden vergeben.

Ist die Nervosität vor Wettkämpfen nach der Olympia-Teilnahme gestiegen?Tonn: Der Druck und die Erwartungshaltung von außen sind definitiv größer geworden. Ich werde häufiger erkannt als vor Athen und es wird mehr auf meine Ergebnisse geachtet. Ich persönlich bin durch Olympia noch stärker motiviert, weil ich so etwas unbedingt noch mal erleben möchte. Den Druck versuche ich wegzuschieben. Wenn ich zu viel will, kann das schnell schief gehen.

Den Druck wegschieben, wie funktioniert das?Tonn: Indem ich mir vorher die Meldelisten erst gar nicht ansehe und auch nicht hinhöre, wenn mir jemand die Reihenfolge mitteilen will. Ich konzentriere mich einfach nur auf meinen Wettkampf und zum Glück sieht mein Trainer Reinhold Schwarzkopf das genauso und bombardiert mich nicht mit Resultaten und Platzierungen, die ich erreichen muss.

Apropos Schwarzkopf. Nach Athen durfte Ihr Heimtrainer nicht mit, weil sie keine Medaillenkandidatin waren. Ist er in Madrid vor Ort?Tonn: Da er erst vor fünf Tagen erfahren hat, dass er sich hätte akkreditieren lassen können, war ihm das zu stressig. So werde ich vor Ort von Bundestrainer Klaus Baarck betreut.

Fühlen Sie sich durch den Titel »Paderborner Sportlerin des Jahres« besonders beobachtet?Tonn: Nein. Das ist eine schöne Auszeichnung, aber mein männliches Pendant, der Squasher Stefan Leifels, war schon mehrfach Sportler des Jahres und macht sich da auch keinen Kopf, wie er mir versichert hat.

Sehen Sie die Einladung zur Hallen-EM als Bestätigung für Platz zwölf bei Olympia?Tonn: Auf jeden Fall. Das wird meine Premiere und nach Athen mein bisher größter Wettkampf. Ich war sehr überrascht darüber. Es gibt keine Qualifikationen und es geht allein nach der Platzierung in der Weltrangliste. Ich denke, dass es viel einfacher ist, nach oben zu kommen, als sich da zu halten. Deshalb freue ich mich, in Madrid dabei sein zu dürfen, auch wenn die Hallensaison bei Leichtathleten keinen so hohen Stellenwert hat wie die Freiluftsaison. Ich starte gerne in der Halle, auch wenn die meistens spärlicher gefüllt sind als die Stadien. Aber die Hallensaison ist eine gute Vorbereitung für draußen. Wenn ich zum Beispiel im Winter gut über die Hürden komme, gibt mir das ein gutes Gefühl für den Sommer.

Was haben Sie lieber, Fünfkampf oder Siebenkampf?Tonn: Für mich macht das keinen großen Unterschied. Gut beim Fünfkampf ist, dass das Speerwerfen fehlt, weil ich diese Disziplin nicht so gerne mag. Dafür bin ich über die 200 Meter, die es beim Fünfkampf ebenfalls nicht gibt, relativ schnell. Wenn dafür das Kugelstoßen rausfallen würde, wäre das mein Wettkampf. Da es beim Fünfkampf nur fünf Disziplinen gibt, muss alles passen, wenn man ganz vorne landen will.

Wie lautet Ihre Zielsetzung für das Jahr 2005?Tonn: Der Höhepunkt sind zweifellos die Weltmeisterschaften im August in Helsinki. Da möchte ich unbedingt hin, muss mich aber wie für Olympia beim Meeting in Ratingen qualifizieren. An den U 23-Europameisterschaften in Erfurt darf ich aus Altersgründen nicht mehr teilnehmen.

Artikel vom 02.03.2005