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Atemberaubende Artistik

Chinesischer Nationalcircus präsentiert »Den letzten Kaiser«

Gütersloh (wes). Wenn man es nicht gesehen hätte, dann würde man es wohl kaum glauben: Zwei Männer werfen sich munter Blumenkübel an den Kopf und balancieren diese dann minutenlang auf ihrer Stirn. Frauen jonglieren Kerzenständer auf ihren Händen und Füßen, stapeln sich anschließend zu einem meterhohen Turm und lächeln dabei.

Das alles geschah am Mittwochabend in der Stadthalle. Der Chinesische Nationalcircus gastierte für einen Abend auf der Gütersloher Bühne und lieferte den Zuschauern eine grandiose Artistikshow.
»Der letzte Kaiser« heißt das neue Programm der 30 Akrobaten und ist voll von Magie, akrobatischer Höchstleistung und fernöstlicher Exotik. Nicht nur der Blick in die Mandelaugen der jungen, zarten Künstlerinnen ließ so manchen Mann die Augen aufsperren: Auch die Pyramide von Holzbänken, die sich haushoch stapelten, brachte zumindest einen Mann aus dem Publikum ins Schwitzen. So war es ihm nicht möglich, mit beiden Händen die Bank-Pyramide nur Millimeter anzuheben - der asiatische Akrobat hingegen hiefte den Turm mit einer Hand auf die Stirn und balancierte die Holzmassen über die Bühne. Ein Gewaltakt an Kraft und innerer Ruhe.
Jede noch so kleine Nummer in der gesamten Show zeigte atemberaubende Körper-Kunststücke, die die Artisten im Rahmen von chinesischen Klangwelten und Bildern fremder, farbenfroher Kultur präsentierten. So flechtet der Initiator Raoul Schroegge spektakuläre artistische Darbietungen in historische Geschehnisse ein. Marktmomente, die im Reich des letzten Kaisers Pu Yi um 1908 spielten, werden heute auf der Bühne der Stadthalle in neuer Fassung gezeigt: So tauchen asiatische Frauen auf, die Zaubereien präsentieren und sich im nächsten Moment so verbiegen, dass sich der Bauchnabel für kurze Zeit am Hinterkopf befindet und die Kniegelenke neben den Ohren Platz finden. Seit rund 15 Jahren tourt Schroegge mit den Artisten durch ganz Europa. Immer im November eines Jahres startet er sein neues Bühnenprogramm und findet dann Ende März wieder für die Planung neuer Shows Zeit. Er, der selbst einmal als Clown in der Manege stand, lockt scheinbar mit Sinn und Verstand das Beste aus seinen Akrobaten heraus, um es dann den Zuschauern zu präsentieren. Und immer wieder sind die Hallen ausverkauft. Früher dienten noch Zirkuszelte als Showbretter, heute sind es Stadthallen in ganz Europa. Doch die Artisten sind hart im nehmen. So holen sie sich ihre verdiente Ruhepause vor dem großen Auftritt nicht etwa in den Betten diverser Luxushotels, sondern schlafen - wie in Gütersloh geschehen - auf dem Holzboden hinter der Bühne. Ob das nicht ein bisschen lausig sei? Nein, meint ein asiatischer Mann. »Hier ist es wärmer als manches Mal bei uns Zuhause«, lächelt er. Sie konzentrieren sich eben auf das Wesentliche: die Harmonie zwischen Körper und Seele, die innere Ruhe und die Kraft des Körpers. Kann nicht verkehrt sein, wenn so eine Riesenshow daraus resultiert.

Artikel vom 25.02.2005