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Stolz auf die erste eigene Hemdenmarke

Bei der Stickveredlung von Sport- oder Berufskleidung sind die Kampmanns schon lange eine Institution

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). »JK -Êthe Finest« steht auf dem Etikett im Kragen. Das Design des Labels haben Jürgen und Eveline Kampmann selbst entworfen. Logischer Höhepunkt einer konsequenten unternehmerischen Weiterentwicklung eines Bielefelder Mittelständlers, der in diesen Tagen mit einer eigenen neuen Hemdenmarke an den Start geht. Die ersten fertigen Hemden der neuen Marke zeigt das Unternehmerehepaar stolz.

Im Bereich der Stickveredlung von Sport- oder Berufskleidung sind die Kampmanns bereits seit den 90er Jahren eine Institution. Namen, Firmenlogos oder Monogramme auf der Arbeitsbekleidung im Dienstleistungsbereich sind nicht selten in Bielefeld auf die Hemden oder Kittel gestickt worden. »Unser erklärtes Ziel ist es aber, als Vollsortimenter das komplette Dienstleistungsspektrum abzudecken und dabei auch eine möglichst schnelle und hohe Lieferbereitschaft zu gewährleisten«, erklärt Jürgen Kampmann, der sogar die Stickprogramme für die Computersteuerung der neunköpfigen Stickmaschinen schreibt.
Für einen norwegischen Ölkonzern haben die Kampmanns eben die gesamte Mannschaft auf den Bohrinseln von der Mütze über das Sweatshirt bis zum Overall bestickend eingekleidet. Die Textilien kommen aus einer Kollektion, die die Bielefelder exklusiv beziehen und veredeln. Darauf setzen auch Industriegiganten wie FAG oder DaimlerChrysler, Volkswagen und natürlich eine Vielzahl von Brauereien und Gastronomieprofis oder Tourismusexperten im Bereich Kundenbeziehung. Bestes Beispiel für Kreativität aus Bielefeld: Die Kollektionen vieler Nordseebäder vom stilechten Strandbär bis zur Grillschürze mit Inselemblem stammen aus den Bielefelder Stickmaschinen.
Ein besonderes Problem hatte Jürgen Kampmann indes zunehmend mit der großen Abhängigkeit von den Zulieferen der Rohware wie Oberhemden in Businessqualität, die nahezu alle Kundendienstannehmer der geläufigen Autofabrikate am Tresen tragen. Es scheiterten bereits Aufträge mit großen Kunden daran, dass die beim Zulieferer georderte Ware nicht ankam und die Stickerei deshalb in Verzug geriet. Kampmann: »Uns ist noch kein Auftrag an eigenen Lieferengpässen gescheitert, wohl aber an Kunden.« Gründe sieht der Textilprofi nicht selten in der Verlagerung im Ausland und der Auflösung heimischer Lagerhaltung.
An der Idee einer eigenen Hemdenkollektion hatten Jürgen und Eveline Kampmann bereits geraume Zeit gefeilt. Der Erfolg einer eigenen Blusenlinie sorgte für Rückenwind. Den Ausschlag für den Start mit JK-Hemden gab dann ein Problem mit einem langjährigen Lieferanten. Kampmann entwickelte sein eigenes Modell und packte in die Business-Schnitte all seine Überlegungen und Ideen.
Mit Gerard Guizard und seiner Bielefelder Agentur Shirt-Cut tat man eine Produktionsstätte in der Türkei auf, wo die Markenware in hoher Qualität gefertigt wird. Die Zutaten stammen aus Deutschland: von der Einlage und dem Stoff bis zu speziell entwickelten Union-Knöpfen aus Sennestadt. In fünf Farben, mit Knopfkragen und Kent-Kragen, werden die Hemden für gewerbliche Kunden bis Größe 50 geliefert und bestickt.
»Vielleicht lag es ja daran, dass ich beim Ärger mit Lieferanten öfter einmal einen sprichwörtlich dicken Hals hatte«, lenkt Jürgen Kampmann den Blick auf seine zweite Hemdenlinie JK-Comfort. Dahinter steckt schließlich eine Eigenentwicklung für die Vielzahl von Herren, denen der normale Kragen auf dem Hemd nicht nur die Luft abschnürt, wenn eine Krawatte getragen wird. Kampmann passte einen jeweils um zwei Nummern größeren Kragen auf das Oberhemd, fügte den Schulterbereich entsprechend an.
Auf Angriff stehen die Zeiten beim engagierten Mittelständler allerdings auch in anderer Hinsicht. Der Chef von inzwischen acht Fachkräften, die dank individueller Arbeitszeitmodelle auch noch genug Zeit für die eigene Familie haben, hat eben einen eigenen Außendienstmitarbeiter eingestellt, um die kleinen und großen Kunden direkt vor Ort individuell beraten zu können.
Der größte Knüller aber, freut sich Jürgen Kampmann, wird demnächst mit einem großen Autokran angeliefert und in die eben erweiterten Betriebsräume in Bielefeld-Quelle gehievt. Mit einem großen Maschinenbauer am Niederrhein hat Kampmann gerade eine neuartige Stickmaschine entwickelt, die einen ganz entscheidenden Vorteil mitbringt: Mussten bislang die Brusttaschen von Oberhemden als Einzelstück bestickt und anschließend aufgenäht werden, ist Kampmann gleich mehrere Arbeitsschritte schneller. In Quelle werden Hemdentaschen künftig direkt auf dem Hemd, ja sogar innerhalb der Originalverpackung samt Folie bestickt.
Mit ihrer Entscheidung, neue Arbeitsplätze zu schaffen und in Bielefeld zu investieren statt im osteuropäischen Ausland, wollen Jürgen und Eveline Kampmann nicht nur Bodenständigkeit, Optimismus und Vertrauen in das eigene Produkt dokumentieren, sondern bewusst ein Zeichen setzen. »Der Standort Deutschland ist es einfach wert, zu investieren und zu entwickeln, sich dazu zu bekennen. Und für den gelegentlichen dicken Hals gibt es ja das Hemd mit dem größeren Kragen aus Bielefelder Produktion.«
www.mode-und-stickerei.de

Artikel vom 05.03.2005