26.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Klang-Studien vom Feinsten

Penderecki dirigiert Bamberger Symphoniker im Meisterkonzert

Gütersloh (mcs). Zeitgenössische »Klang-Studien« von Penderecki, Schostakowitsch und Sibelius standen Donnerstag Abend auf dem Programm beim 6. Meisterkonzert in der gut gefüllten Stadthalle Gütersloh. Unter dem Dirigat von Krzystof Penderecki brachten die Bamberger Symphoniker einen vielfältigen Streifzug durch die moderne Tondichtkunst zu Gehör.

Getragen von nagender Melancholie geriet die von Schostakowitsch unter dem Eindruck der Bilder der im zweiten Weltkrieg nahezu komplett zerstörten Stadt Dresden komponierte Kammersymphonie für Streichorchester c-moll op. 110a. Voller Leidenschaft und Hingabe inszenierte Krzystof Penderecki das fünfsätzige Werk. Bescheiden aber bestimmt, bewusst auf einen Taktstock verzichtend, die Klänge mit den bloßen Händen formend, gestaltete der Maestro die anrührende »Streicher-Poesie«. Wehmütig-verklärten, weichen Violin-Soli stellte er dabei impulsive Tutti-Ausbrüche gegenüber. Diese wurden ausgeführt in meisterlicher Manier. Denn energisch ließen die Philharmoniker Bögen über Saiten und Finger über Bünde wirbeln.
Einfach »konsumieren« ließ sich Schostakowitschs mit nachdenklich stimmender Spannung aufgeladene musikalische Auseinandersetzung mit Krieg und Zerstörung aber nicht. Bisweilen schleudert der russische Komponist den Zuhörern vielmehr Motive und Melodien geradezu »anklagend« entgegen. Als prominentester Grundbaustein traten dabei seine Initialen »D. Sch.« (d, es, c, h) musikalisch zu Tage.
Homogen und lebendig agierte das Orchester auch beim folgenden Konzert für Violoncello und Orchester von Krzystof Penderecki. Unter der Anleitung des Komponisten übernahm dabei Claudio Bohórquez den Solo-Part. Hochkonzentriert, den Körper eng an den Korpus des Cellos geschmiegt, fingerte sich der Künstler mit unbeschwerter Brillanz durch haarsträubende Läufe und Kadenzen.
Wilde Chromatik und surrende Glissandi gaben ihm dabei vielfach Gelegenheit, mit seinem meisterlichen Können zu glänzen. Äußerst rhythmisch, bisweilen gewollt spröde, lieferte das Orchester einen dissonanten Rahmen für die grandiosen Solo-Eskapaden. Geräuschhaften Akzenten standen dabei melodiöse Verbindungselemente gegenüber. Das Publikum krönte Claudio BohórquezÕ charismatische Darbietung mit tosendem Applaus.
Der grandiose Konzertabend endete mit Jean Sibelius' Symphonie Nr. 5 Es-Dur op. 82. Entstanden im ersten Weltkrieg, verblüffte das Orchesterwerk mit seiner unmittelbar auf die Zuhörer überspringenden positiven Grundstimmung. Durch lebensbejahendes »Tirilieren« traten dabei erstmals während des Abends die Bläser deutlich in Erscheinung. Gemeinsam mit den Streichern schwelgten sie in opulenten Klängen und überspülten das Publikum mit Wellen des musikalischen Wohlgefallens.
Übersprudelnde Energie prägte den gigantischen Fortissimo-Klimax am Ende des ersten, sanfte Pizzicati und flimmernde Repetitionen den zweiten Satz, bevor das Werke mit grandios bombastischen Staccato-Akkorden zu Ende ging und sich in einem tosenden lang anhaltenden Schlussapplaus entlud. Auf eine Zugabe verzichteten die Bamberger Symphoniker bewusst. Denn die Spannung der Sibelius-Symphonie war nicht zu überbieten.

Artikel vom 26.02.2005