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Wohnung aus Wut angezündet

Brahmsstraßen-Brandstifter verurteilt - Richter: »Das war lebensgefährlich«

Von Jens Heinze
Steinhagen (WB). Ein »strukturierter Tagesablauf mit festen Arbeitszeiten«, so stellte Amtsrichter Hermann Schulze-Niehoff fest, sei die einzige Möglichkeit, den Angeklagten von weiteren »dummen Taten« abzuhalten. Denn was sich der Aussiedler Vladimir B. (52) am 8. August ausgedacht hatte, das war nicht nur »dumm«, sondern für andere vor allem lebensgefährlich.

Aus Wut darüber, dass die wegen seiner Alkoholsucht ins Frauenhaus geflüchtete Ehefrau nicht zu ihm zurückkehren wollte, zündete der Bielefelder seine damalige Dachgeschosswohnung in einem Mehrfamilienhaus an der Steinhagener Bramsstraße 11 an.
Vladimir B., der sich deswegen Freitag vor dem Schöffengericht Bielfeld zu verantworten hatte, könnte man als Beispiel für die misslungene Integration eines Aussiedlers in Deutschland bezeichnen. Vor zwölf Jahren war der Kraftfahrer mit seiner Familie aus Kasachstan ausgewandert. Der deutschen Sprache ist er bis heute nicht mächtig, konnte der Verhandlung nur mit Hilfe einer Dolmetscherin folgen.
In der neuen Heimat verlor Vladimir B. schließlich völlig den Halt. Seit vier Jahren arbeitslos, griff der 52-Jährige immer häufiger zur Flasche, randalierte und wurde gewalttätig. Als seine Ehefrau flüchtete, drohte der Deutsch-Russe, sie umzubringen, falls sie nicht zurückkehre. Am Abend des 8. August 2004 rief der wütende Ehemann - nachdem er reichlich Weinbrand und Beruhigungsmittel konsumiert hatte - seine Tochter an, kündigte an, jetzt die eheliche Wohnung in Steinhagen anzuzünden. Dann hielt der mit 2,5 Promille betrunkene Deutsch-Russe sein Feuerzeug an Gardinen und Matratzen. Die Räume brannten völlig aus. Die Hitzeentwicklung war so enorm, dass Fensterrahmen schmolzen und der Putz von den Wänden abplatzte. Den von der Polizei geschätzten Sachschaden von 20 000 Euro hielt Vorsitzender Richter Schulze-Niehoff für stark untertrieben: »Da sind doch mindestens 50 000 Euro Schaden entstanden«. Dass beim Brand im Mehrfamilienhaus keine Menschen zu Schaden kamen, die Flammen nur die Dachgeschosswohnung von Vladimir B. verwüsteten, ist der Tochter zu verdanken. Sie hatte die Drohung des Vaters ernst genommen und sofort die Feuerwehr alarmiert.
Ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf vier Jahren zur Bewährung, lautete am Freitag das Urteil des Schöffengerichtes. Außerdem muss der bislang nicht vorbestrafte Angeklagte wegen der schweren Brandstiftung 500 Stunden gemeinnützige Arbeit beim Bielefelder Umweltbetrieb leisten. »Das Gefährdungspotential für die Bewohner des Hauses war doch extrem. Das hätte mehrere Tote geben können«, begründete Richter Schulze-Niehoff das Urteil. Damit der Arbeitslose nach dem Prozess »nicht den ganzen Tag zu Hause sitzt und seiner Frau auf die Nerven geht«, so Schulze-Niehoff, solle er seine »überschüssigen Kräfte beim Graszupfen austoben«.

Artikel vom 26.02.2005