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Für Firmen versteckte Talente entdecken

Berufswahl stellt Jugendliche vor Probleme - Modellprojekt mit hoher Erfolgsquote

Kreis Gütersloh (mdel). Die Zahlen sind erschreckend: Fast zehn Prozent der Jugendlichen verlassen die Schule ohne Abschluss. 25 Prozent der Ausbildungsverträge werden wieder gekündigt. Nur 85 Prozent der Jugendlichen bestehen die Abschlussprüfung.

Abhilfe schaffen soll das Modellprojekt »Potentialanalyse und Förderung« (PAF), das bereits seit zweieinhalb Jahren im Kreis Gütersloh und in der Stadt Bielefeld durchgeführt wird. Es ist Bestandteil des Netzwerkes »Equal In.Owl«, das die Beschäftigungsfähigkeit von Erwerbslosen erhöhen will. Im Rahmen eines Innovationsforums diskutierten gestern 300 Teilnehmer über das Modellprojekt und die gemachten Erfahrungen.
Die Praxis hat gezeigt, dass vielen Schulabgängern realistische Vorstellungen über ihre eigenen Fähigkeiten sowie über die beruflichen Anforderungen und Tätigkeiten fehlen. Hier setzt das Projekt an. Jugendliche aus Haupt-, Gesamt- und Sonderschulen durchlaufen sechstägige Seminare (»Assessment Center«), in denen gezielt Talente und Begabungen sichtbar gemacht werden, die in der schulischen Laufbahn normalerweise nicht nachgefragt und in den Zeugnissen bewertet werden. Für die Betriebe können diese Talente jedoch durchaus interessant sein.
Die Tests erfolgen praxisnah und werden von speziell ausgebildeten Trainern durchgeführt - unter anderem Sozialpädagogen und Ausbilder. »Die Jugendlichen können in verschiedenen Bereichen ihre Stärken zeigen. Zum Beispiel in der Floristik: Dort werden sie angeleitet, einen Blumenstrauß zu binden, zu verpacken und zu verkaufen. Wie sie sich dabei schlagen, wird bewertet«, erklärt Ralph Lauhoff-Baker von der Bielefelder REGE mbh, die das Projekt mit betreut. Getestet werden auch Fähigkeiten, die für das Handwerk, im Verkaufsbereich oder in den Pflegeberufen von Bedeutung sind. Im letzteren Fall wird die Arbeit mit Patienten simuliert. Am Krankenbett sollen die Jugendlichen die Versorgung des Patienten übernehmen.
Feststellen wollen die Trainer auch, welche sozialen Fähigkeiten die Schüler für den späteren Beruf mitbringen. Können sie in einem Team arbeiten? Sind sie kritikfähig? Das sind nur einige Fragen, die beantwortet werden sollen. Die Erfahrungen mit dem Modellprojekt sind äußerst positiv. Bislang haben 500 Schüler aus dem Kreis Gütersloh und der Stadt Bielefeld die Seminare durchlaufen. Bis zur Mitte das Jahres werden es sogar 720 sein. Dann endet das Modellprojekt. Die Erfahrung zeigt, dass bis zu 50 Prozent der Jugendlichen später in eine berufliche Ausbildung gebracht werden können. Eine weitere Begleitung durch die Schule ist allerdings die Voraussetzung hierfür.
Finanziert wurde das Projekt vom Europäischen Sozialfonds, der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen. Die Kosten beliefen sich auf 450 000 Euro. Einigkeit wurde gestern darüber erzielt, dass die Seminare über das offizielle Projektende hinaus fortgesetzt werden sollen. Allerdings müssen hierfür noch Finanzmittel bereit gestellt werden.

Artikel vom 24.02.2005