24.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Erinnerungen an gute und böse Zeiten

Neues Stück der Theater-AG am Gymnasium Steinheim -Êein Jahr Probenarbeit


Steinheim (WB). Nach gut einem Jahr Probenarbeit wagt sich die 2004 neu gegründete Oberstufen-Theater-AG am Städtischen Gymnasium Steinheim unter Leitung von Studiendirektor Michael Schwarzwald mit einem sehr ernsten Stoff an die Öffentlichkeit.
Mit ihrer Bearbeitung von George Taboris Stück »Jubiläum«, der dieses anlässlich des 50. Jahrestages von Hitlers Machergreifung 1983 geschrieben hat, möchte die Theater-AG ihren Beitrag zum 60. Jahrestag des Kriegsendes (»auch ein besonderes Datum«) leisten. In dem »szenischen Totentanz« verwischt der jüdische Dramatiker George Tabori nicht nur die Grenzen zwischen Leben und Tod, sondern auch zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Auf einem jüdischen Friedhof besprühen Neonazis (Jürgen) die Grabsteine derer, die im KZ umgekommen sind. Das ruft die Toten, die Opfer von damals, aus der Erde: den jüdischen Musiker Arnold und seine Frau Lotte, dazu die Spastikerin Mitzi und Helmut, den Friseur Otto.
Die Gräber öffnen sich, die Toten erwachen und einer korrigiert lakonisch: »Verrecke mit ÝckÜ, mein Junge.« Ein Totentanz hebt an, eingeschwärzt durch den beißenden, jüdischen Eigenwitz von George Tabori. Bei Klängen eines Tangos erinnern sie sich an die Leichtigkeit des Seins mit Bubikopf, Pepitakragen und Tanzvergnügen. Doch die Wärme ist nur kurz, muss eisiger Kälte und beklemmenden Szenen weichen.
Denn die Spielerinnen und Spieler begegnen sich selbst als vormals Lebendige und treffen sich mit alten und sehr vitalen neuen Nazis. Sie spielen ihre Erinnerungen an gute und böse Zeiten, spielen die Schrecken von damals: Sie spielen Freunde und Feinde und schlüpfen in die Rollen ihrer Richter und Henker, spielen aber auch die Erfahrungen von heute.
So terrorisiert Jürgen, ein junger Nazi, mit Telefonanrufen den jüdischen Musiker Arnold Stern. Gegen Ende steht in einer Telefonzelle Lotte, Arnold Sterns Frau, und ruft nacheinander ein paar Freundinnen an - vergebens. Sie ruft um ihr Leben, denn sie kann die Zelle nicht verlassen, weil um sie herum das Wasser steigt. Als es ihr schon bis zum Halse steht, ruft sie nicht mehr um Hilfe, sondern nur noch an, um sich zu verabschieden: »Hier ist Lotte, du, ich sterbe jetzt... ich hätte dir gerne noch Adieu gesagt«.
In diesen »Totentanz der Erwachsenen« wird das Schicksal der Kinder von Bullenhuser Damm eingebunden und um Kinderschicksale aus der jüngsten Vergangenheit ergänzt. Für die Theatergruppe bedeutete die Auseinandersetzung mit diesem Stück die Erkenntnis, das besonders Kinder die Leidtragenden sind. Aus diesem Grund wird ein Teil der Gesamteinnahmen einer Organisation gestiftet, die sich für verfolgte Kinder einsetzt.
Die Premiere dieser Inszenierung ist am Freitag, 4. März um 20 Uhr im Foyer des Gymnasiums Steinheim. Weitere Aufführungen finden statt am 5. März um 20 Uhr im Foyer des Gymnasiums Steinheim und am 6. und 9. März um 20 Uhr in der Evangelischen Kirche in Steinheim. »Wegen der begrenzten Anzahl der Plätze bitten wir dringend die Vorverkaufsmöglichkeiten über das Sekretariat des Gymnasiums (Tel. 05233/7780) oder das Pfarrbüro der Evangelischen Kirche zu nutzen«.

Artikel vom 24.02.2005