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Fürchterliches Leid am Viadukt

Heute vor 60 Jahren Zerstörung - Todesdrama im Bekedorf und im Bunker

Von Rudolf Koch
Altenbeken (WV). Heute vor 60 Jahren erlebte der Eggeort Altenbeken seinen vielleicht schwärzesten Tag. Vom Himmel »regneten« Bomben aus britischen Kampfflugzeugen und zerstörten im Zweiten Weltkrieg den eben erst reparierten Viadukt. Hilflos eingeschlossen starben in einem Schutzbunker 18 Menschen. Im Dorf wurden zehn Tote unter Trümmerbergen geborgen.

Seit den ersten Angriffen vom 26. und 29. November 1944 klaffte eine große Lücke zwischen den Brückenpfeilern des Altenbekener Viadukts. 350 Arbeiter und Brückenbauspezialisten der Firma Krupp errichteten in aller Eile zwei neue Hilfspfeiler in Stahlbauweise, um einen in Kriegstagen wichtigen deutschen Nachschubweg zu sichern. Seit dem 10. Februar 1945 fuhren wieder Züge über das notdürftig geflickte Bauwerk. In der Bevölkerung wuchs die Angst vor einem erneuten Angriff. Das Unterdorf nahe dem Viadukt wurde geräumt.
Die Alliierten hatten zu diesem Zeitpunkt längst einen erneuten Angriff geplant, der das Schicksal des Beke-Viaduktes endgültig besiegeln sollte. 16 Lancaster-Bomber drehten am 22. Februar 1945 gegen 16 Uhr von Westen her in das enge Beketal ein. Minuten später brach ein gewaltiges Inferno los, als 5,2 Tonnen schwere »Tallboys« auf das angeschlagene Bauwerk herabstürzten und mit erdbebenähnlicher Wirkung das gesamte Gelände ringsum zerwühlten.
Schon vor den ersten Angriffen war ein langer Luftschutzbunker in den Stapelsberg getrieben worden, um den Arbeitern Schutz zu bieten. Doch bei diesem Angriff wurde er zur tödlichen Falle. Die Bomben des Februar-Angriffs zertrümmerten mit ihrer gewaltigen Sprengkraft vollständig den Stollenmund und überdeckten den Bunker mit meterhohen Geröllmassen.
Verzweifelt kämpften viele Freiwillige mit Hacke und Schaufel mehrere Tage und Nächte lang gegen das immer wieder hereinbrechende Gestein. Erst elf Tage später gelang es, einen der Hohlräume freizulegen, in dem 18 Tote und ein Schwerverletzter gefunden wurden, darunter sieben junge Flakhelfer. Der schwerverletzte Bergmann aus der Ukraine berichtete später in allen Einzelheiten über das schlimme Schicksal der Eingeschlossenen, die bis zum Schluss auf ihre Rettung gehofft hatten, dann aber verhungert und verdurstet schließlich an Sauerstoffmangel gestorben waren.
Auch die Umgebung des Viaduktes bot wieder ein Bild der Verwüstung - die Alte Kirche war nur noch eine Ruine. Die Bombentrichter hatte einen Durchmesser von 30 Meter und waren zehn Meter tief. Im Dorf waren in der Ortwaldstraße, Bahnhofstraße, Sagestraße, Bokelweg und am Schwarzen Weg mehrere Häuser getroffen worden. Zehn Tote lagen unter den Trümmern und mehr als 100 Menschen wurden verwundet.
In den Abendstunden des 22. Februar 1945 meldete der britische Rundfunk: »Bomber eines Spezialkommandos zerstörten heute die Eisenbahnbrücke in Altenbeken. Damit wurde eine der wichtigsten Nachschubstrecken zur deutschen Westfront lahmgelegt«.

Artikel vom 22.02.2005