17.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mit Organen Tollwut übertragen

Drei Patienten nach Transplantationen lebensbedrohlich erkrankt

Neu-Isenburg (AP). Erstmals sind in Deutschland drei Patienten nach einer Organtransplantation offenbar lebensbedrohlich an Tollwut erkrankt. Sie hatten Ende vergangenen Jahres Organe einer mutmaßlich mit Tollwut infizierten Frau erhalten, deren Erkrankung aber nicht bekannt war, erklärte die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) in Neu-Isenburg.
Drei weiteren Organempfängern der Spenderin geht es bislang gesundheitlich gut. Erste Hinweise auf die Erkrankung der Patienten erhielt die Stiftung vor zwei Tagen, wie DSO-Vorstand Günter Kirste gestern sagte. Bei der Nachfrage nach dem Zustand der insgesamt sechs Organempfänger seien bei dreien ähnliche Symptome aufgefallen.
Inzwischen seien in den Transplantationszentren, in den Krankenhäusern und bei der DSO vorsorglich alle mit der Spenderin und den infizierten Patienten in Kontakt gekommene Personen geimpft worden. Lebensbedrohlich erkrankt sind den Angaben zufolge ein Patientin in Hannover, die eine Lunge erhalten hatte, ein Patient in Hannoversch-Münden, dem eine Niere verpflanzt worden war, und ein Patient in Marburg, der die zweite Niere der Spenderin sowie die Bauchspeicheldrüse erhalten hatte. Der Zustand dieser drei Patienten sei medizinisch äußerst kritisch. Sie würden künstlich beatmet. Ohne Tollwut-Symptome sind laut DSO ein Patient, der in Heidelberg die Leber der Spenderin erhalten hatte, und zwei Patienten, die in Mainz die Augenhornhäute transplantiert bekommen hatten. Sollte sich die Tollwutinfektion der schwer erkrankten Patienten bestätigen, wäre dies laut DSO der erste Fall in Deutschland, bei dem Organempfänger mit dieser Krankheit infiziert wurden.
In den USA waren im vergangenen Jahr vier Patienten an Tollwut gestorben, denen infizierte Organe vom selben Spender übertragen worden waren. Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörden handelte es sich um den ersten bekannten Fall, in dem Menschen mittels Organtransplantationen mit der Krankheit infiziert wurden. Die DSO betonte, dass die Organspenderin im vorliegenden Fall in Deutschland keine Symptome von Tollwut gehabt habe. »Leider ist es medizinisch nicht möglich, solche seltenen Infektionen im Voraus - trotz umfassender Untersuchungen des Organspenders - auszuschließen. Ein potenzielles Restrisiko durch solche Infektionen bleibt somit bei jeder Transplantation bestehen«, erklärte DSO-Vorstand Kirste und sprach von einem »tragischen Ausnahmefall«.
Die definitive Feststellung der Diagnose, ob die Organspenderin mit Tollwut infiziert war, laufen laut DSO derzeit an Fachlabors der Universitätsklinik Essen und am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts hat es in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland nur zwei Fälle von Tollwut beim Menschen gegeben. Beide Male hätten sich die Patienten im Ausland angesteckt und seien gestorben. Im Jahr 1996 starb danach ein Mann aus Nordrhein-Westfalen an Tollwut, der in Sri Lanka von einem Hund gebissen worden war. 2004 starb ein Mann aus Bayern, der in Indien Kontakt zu streunenden Hunden gehabt hatte.

Artikel vom 17.02.2005