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Marienschüler im Opernfieber

Premiere mit »Zar und Zimmermann« - 50 Kinder als Chor und Tanzgruppe dabei

Verl (köh). Arien, Holzschuhtanz, Komik und Verwicklungen, stürmischer Beifall und hartnäckige Forderungen nach Zugaben: 100 Mädchen und Jungen der Marienschule hatte gestern für 90 Minuten das Opernfieber gepackt. Ein fünfköpfiges Ensemble der Theateragentur Papageno aus Weimar präsentierte in der Aula unterm Dach »Zar und Zimmermann«.

Eine Premiere an der Grundschule, und was für eine! Sie bescherte 50 Mädchen und Jungen eine große Dosis Lampenfieber: Sie durften nämlich mit auf die Bühne und als Chor und Holzschuh-Tanzgruppe die Aufführung der stark gekürzten Fassung der Lortzing-Oper bereichern und waren mit Hingabe bei der Sache. Schon Wochen vorher hatten die Lehrerinnen Ulrike Verhofen (Chor) und Stefanie Winkler (Tanz) diesen Auftritt mit den Kindern vorbereitet.
Für eine Schülerin aber kam ihr Einsatz völlig überraschend: Kurz bevor ein Hahnenschrei und die Ouvertüre erklangen, wurde Verls Lesekönigin Melanie Krause von dem Ensemble eingeladen, sich als Offizier verkleidet, mit Dreispitz und Hellebarde für einen kleinen Zwischenauftritt bereit zu halten. Weil sie darin besonders begabt ist, sollte sie einen Brief vorlesen. Die zehnjährige Marienschülerin bewältigte die Aufgabe, wie es sich für eine Lesekönigin ziemt: Auch wenn sie vorher vor Aufregung noch ein bisschen blass war, bei ihrem Auftritt war sie ganz ruhig und las »königlich«.
Das große Engagement der Schüler überraschte selbst das erfahrene Ensemble, das bei seinen vielen Gastspielen an Schulen stets Kinder in die Aufführungen einbezieht. »Uns hat es bei euch großen Spaß gemacht, ihr wart toll vorbereitet. Solange ich spiele, habe ich eine so intensive Zusammenarbeit mit Schülern noch nicht erlebt«, war denn auch Mirko Heimerl, der den Part des Zimmermanns übernommen hatte, voll des Lobes für die Marienschüler. Und Bariton Matthias Hildebrandt, der den Bürgermeister mimte, seit 30 Jahren auf der Bühne steht und außerdem Regisseur ist, staunte: »Tanz und Chor so zu kombinieren, das war wirklich sehr anspruchsvoll und für uns eine neue Erfahrung.«
Die Begeisterung beruhte auf Gegenseitigkeit: »Es war wunderbar«, freute sich Christine Klotz vom Förderverein, der für die Finanzierung des Opernerlebnisses gesorgt hatte. Und die Forderungen der Kinder nach einer Zugabe wollten kein Ende nehmen. »Toll!«, meinte Markus Schulte (10) und fand nur die Worte »sehr gut« als Steigerung seiner Begeisterung. Auch seine Mitschüler Simon Rieckehaus (10), Jessica Fortkord (10), Charline Schiller (9) und Sophie Meier zu Verl (10) konnten nur noch zufrieden und vom Lachen und Klatschen ganz erschöpft »sehr gut« sagen. Bei der Wahl ihrer Lieblingsfigur waren sie sich ebenfalls einig: »Der Bürgermeister«, kam es beinahe im Chor. »Und natürlich unsere Mitschüler.«
Bürgermeister Van Beth, gespielt von einem Meister des komischen Faches, sorgte als Karikatur einer selbstgefälligen Amtsobrigkeit (»Ja, ich bin klug und weise«) immer wieder dafür, dass sich das Publikum vor Lachen schüttelte. Doch auch seine Mitspieler Michael Kürsten (Zar), Heidi Abrahamsen (Witwe Browe), Mirko Heimerl (Iwanow) und Ika Kruse (Marie) zogen spielfreudig, publikumsnah, ausdrucks- und stimmstark die kleinen Zuschauer in den Bann der Spieloper. Beinahe wie von selbst floss die Handlung auf den eingängigen Arien dahin.
Direkt aus Weimar war das Ensemble nach Verl gekommen und startete nach der Aufführung gleich weiter in Richtung Hamburg, um an der nächsten Schule aufzutreten. Etwa 60 freischaffende Künstler gehören einem Pool von Sängern an, die über die Agentur Papageno mit fünf verschiedenen Opern beinahe in ganz Deutschland auf Tour geschickt werden, um Kindern und Jugendlichen Freude an der klassischen Musik zu vermitteln.

Artikel vom 17.02.2005