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Vollendete Virtuosität

Klavierkonzert mit Dejan Lazic

Von Wolfgang Günther
Paderborn (WV). »Virtuose« - so hieß das Motto des vierten Kammerkonzertes in der Paderhalle mit dem Klaviersolisten Dejan Lazic, der in seinen Interpretationen bravourös zeigen konnte, was ein Virtuose ist. Dieser international renommierte »Ersatzmann« für die ursprünglich verpflichtete Gabriela Montero vermochte aufgrund seiner enormen technischen Fähigkeiten die Möglichkeiten des Klaviers bis in filigrane Feinststrukturen auszuloten.

Dem vielseitig begabten Künstler - Lazic ist Instrumentalist und Komponist - scheint es ein Anliegen zu sein, Sprache und Mitteilung einer Komposition durch sein Klavierspiel zu verdeutlichen. Seine bestechende Technik ermöglicht ihm ein tiefes Eindringen in den Gehalt eines Werkes; deshalb kann er nie beim Artifiziellem verweilen - seine Auffassung des Virtuosentums bedeutet eine Intensivierung des Ausdrucks, um dem Geist einer Komposition näher zu kommen.
Den Rahmen für Lazics gut abgestimmtes Programm boten Werke von Chopin und Liszt; für den Mittelteil hatte er Stücke von Bartok ausgewählt. Bartok - auch von Liszt beeinflußt - setzt in seinen vor allem von den Volkstänzen ausgehenden Werken eine andere, mehr nach innen gewandte Virtuosität ein, die als Grundlage das Spannungsverhältnis von Metrum und Rhythmus bevorzugt.
Den Anfang machte Lazic mit zwei Nocturnen (H-Dur und As-Dur) von Chopin. Eine unwahrscheinlich fein abgestufte Dynamisierung und Gestaltung bis in die kleinsten filigranen Verästelungen kennzeichneten schon in den ersten Takten seine interpretatorischen Ansätze. In dem anschließenden Andante spinato war die Gestaltung der leisen Töne besonders reizvoll, die stets ihre ausdrucksmäßige Kontur behielten. Mit den beiden Balladen Nr. 1 und Nr. 3 (g-Moll und As-Dur), den wohl bekanntesten Kompositionen von Chopin, endete der erste Programmteil.
Der zunächst verhaltene Erzählton bekam immer mehr hochexplosive Dramatik, vor allem dadurch, dass Lazic die Themen wie aus dem Nichts erstehen ließ; jeder Figur gab er bei der Wiederholung eine andere dynamische Abstufung. Es war eine Darbietung von dichtester Dramatik und intensiver Gestaltung mit einer großartigen Steigerung und höchster Spannung.
Von Bartok spielte er zwei Werkgruppen: drei Rondos auf ungarische Volksweisen und sechs Tänze in bulgarischen Rhythmen. Die hier angewandte Virtuosität zeigte nicht so viel Glanz, weckte jedoch das Interesse durch die rhythmisch sehr schnell wechselnde Vielfalt.
Den grandiosen Schluss bildeten drei Werke aus den »Pilgerjahren« von Liszt: Gondoliera - Canzone und Tarantella. Hier bearbeitete Liszt durch eine raffinierte Grifftechnik auf höchst virtuose Weise Themen anderer Komponisten. Mit zwei Walzern von Chopin bedankte sich der junge Virtuose für den Beifall.

Artikel vom 17.02.2005