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Zwei Wochen Praktikum 
zwischen Kanzel und Kapelle

Vanessa Siepmann begleitet Pfarrer Christoph Grün

Von Stefanie Hennigs
Versmold (WB). Kanzel und Kapelle, Kindergarten und Konfirmanden: Vanessa Siepmann (15) hatte in den vergangenen zwei Wochen den wohl außergewöhnlichsten Praktikumsplatz ihres Jahrgangs. Die CJD-Gymnasiastin begleitete Pfarrer Christoph Grün - und fühlt sich in ihrem Berufswunsch Pfarrerin bestätigt.

Für Christoph Grün war es Neuland, eine Praktikantin als Begleiterin im Berufsalltag zu haben. Einen Vikar, der an der Seite des Pastors praktische Erfahrungen sammele - das gebe es schon. »Aber eine Schülerbetriebspraktikantin - das ist etwas besonderes!«
Zwei Wochen Kaffeekochen oder Ablage machen -Êdas mag an anderen Praktikumsplätzen passieren. Nicht aber im Pfarrhaus. »Es ist richtig viel passiert in diesen zwei Wochen«, sagt Vanessa Siepmann. Mit dem Pastor ging es auf Beerdigungen, zum Konfirmandenunterricht, zum Geburtstagsbesuch, in den Kindergarten Oesterweg. Sie begleitete Christoph Grün beim Trauer- oder Nachtrauer-Gespräch, zum Dienstgespräch in den Kindergarten Gartenstraße, war bei der Vorbereitung des Heaven & Earth-Gottesdienstes dabei und hat den Sonntagsgottesdienst aus der Pfarrer-Perspektive erlebt. »Ich war nur froh, dass ich die Büroarbeiten nicht mitmachen musste.« Denn diese Tätigkeiten beanspruchen im Alltag eines Pfarrers durchaus Zeit. »Viele stellen sich bestimmt nicht vor, dass der Pastor so viel am Schreibtisch sitzt oder telefoniert«, sagt Grün - Eindrücke, die die 15-Jährige ebenfalls mit in die Schule nimmt.
Ihr Praktikumsbericht, sagt Vanessa Siepmann, könnte angesichts dieser Fülle an Erfahrungen schon fast Buchlänge annehmen. »Ich habe jedenfalls eine ganze Menge aus dem Praktikum mitgenommen und viel gelernt.« Die 15-Jährige kann sich bereits jetzt gut vorstellen, später in den Dienst der Kirche zu treten. Ein Alter, in dem Christoph Grün noch nicht an die Gemeindearbeit dachte. »Ich wollte eigentlich Lehrer werden und bin über Umwege zum Theologiestudium gekommen. Mit Mitte 20 habe ich dann festgestellt, dass die Gemeindearbeit etwas für mich ist - mein Berufungserlebnis ist auf dem Wege passiert.« Man könne zwar ohne an Gott zu glauben Theologie studieren - aber als Gemeindepfarrer sei das nicht möglich. Er versuche, Vertrauen in die Geschichte Gottes mit den Menschen zu vermitteln.
Die Zehntklässlerin fühlt sich nach ihrem Praktikum in ihrem Glauben bestärkt. Ihre Arbeitskraft stellt sie bereits seit zweieinhalb Jahren für die Gemeinde zur Verfügung: Sie bereitet die Kinderkirche mit vor, ab sofort auch den Heaven & Earth-Gottesdienst. Die Weichen für ihren Berufswunsch möchte sie gerne schon während der Schulzeit stellen, von der 11. Klasse an Latein wählen, das sie neben Griechisch und Hebräisch auch fürs Studium benötigt. Das Praktikum, ist sie jedenfalls überzeugt, hätte ruhig noch länger dauern können.

Artikel vom 15.02.2005