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Lange Wartelisten für die ganz Kleinen

Halle ist noch nicht an der Reihe - Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren fehlen

Von Klaus-Peter Schillig
Halle (WB). Die Wartelisten werden immer länger, aber eine Verbesserung ist nicht in Sicht. Zahlreiche Mütter in Halle suchen händeringend einen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind, die Kindergartenleiterinnen aber können meist nur abwinken.

In ganz Halle gibt es zurzeit nur 14 Plätze für Kinder unter drei Jahren - jeweils sieben in der städtischen Kindertagesstätte (Kita) Beckmanns Hof und in der AWO-Einrichtung am Gartnischer Weg. Allein im Beckmanns Hof stehen für den Beginn des neuen Kindergartenjahres im August 32 Kleine auf der Warteliste - aber nur drei Plätze werden frei. Leiterin Elke Heitkämpfer hat im vergangenen Jahr sogar schon ein Kind zusätzlich aufgenommen, damit die junge Mutter weiterhin die Schule besuchen und damit ihre Ausbildung fortsetzen kann. Ein echter Notfall.
Verbessern wird sich die Situation in diesem Jahr auf keinen Fall. Zuständig dafür wäre nämlich der Kreis Gütersloh, und der hat seine Prioritäten in anderen Orten gesetzt - per Beschluss in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses. Demnach wird wegen rückläufiger Kinderzahlen zwar im kommenden Sommer eine 20-köpfige Kita-Gruppe der AWO in Gartnisch geschlossen. Das eingesparte Geld, wie aus vier weiteren geschlossenen Gruppen im Kreisgebiet, wird auch zur Umwandlung in kleine altersgemischte Gruppen genutzt. In denen werden sieben Kinder unter drei Jahren und acht im »normalen« Kindergartenalter zwischen drei und sechs Jahren betreut. Halle geht dabei aber leer aus, denn zuerst will der Kreis Gruppen in den Orten umwandeln, die eine noch schlechtere Betreuungsquote aufweisen, beispielsweise Langenberg oder Versmold.
Langfristig angepeilt wird, eine Versorgungsquote von 11,6 Prozent zu erreichen. Bei 642 Kindern unter drei Jahren (Stand 30. Juni 2004) erreicht Halle eine Quote von 2,2 Prozent. Zum Vergleich: Bei den Kindern zwischen drei und sechs Jahren erreicht Halle vom Sommer an eine Bedarfsdeckung von 93,3 Prozent. Die 11,6 Prozent aber werden erst für 2010 ins Auge gefasst. Halle allein könnte die Situation nicht verbessern, ist auf die Mittel des Kreises Gütersloh angewiesen, der wiederum die Fördergelder des Landes verteilt. »Für uns wäre das unbezahlbar«, bekräftigte gestern auch Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann. Sie musste deshalb das Angebot von Elke Heitkämper dankend ablehnen, die vorgeschlagen hatte, eine weitere Gruppe im Beckmanns Hof in eine kleine altersgemischte Gruppe umzuwandeln. Damit wären aber höherer personeller Aufwand und geringere Einnahmen (weniger Kinder) verbunden. Frühestens im Sommer 2006 könnte in Halle eine weitere Gruppe eingerichtet werden.
Viele Mütter in Halle, so weiß Gleichstellungsbeauftragte Eva Sperner aus zahlreichen Gesprächen, stehen deshalb vor der schweren Entscheidung, ihren Arbeitsplatz aufzugeben, weil es nach Mutterschutz oder Erziehungsurlaub keine Möglichkeit gibt, ihre vorherige Stelle in eine Teilzeitstelle umzuwandeln. Vielen bleibt nur die Möglichkeit, privat eine Tagesmutter zu engagieren. Aber die sind ebenfalls rar - und teuer. In Einzelfällen, so Eva Sperner, sei es schon gelungen, wenigstens die Startphase nach der Rückkehr in den Beruf mit Hilfe des Generationen-Netzwerkes abzudecken.

Artikel vom 15.02.2005