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Einbürgerung in letzter Minute wäre Rettung

Olympiasieger Ramazanov soll abgeschoben werden

Von Hubertus Hartmann
und Ulrich Grotewold
Paderborn (WV). Mekmahn Ramazanov gehört zur Weltelite - aber Deutschland will ihn nicht. Seine internationalen Erfolge bewahren den Spitzensportler wahrscheinlich nicht vor der Abschiebung. Morgen soll der Olympiateilnehmer im Gewichtheben aus der Justizvollzugsanstalt Büren nach Aserbaidschan geflogen werden. Falls nicht noch in letzter Minute das Gericht oder Bundespräsident Horst Köhler die Abschiebung stoppen.

Mit einer Verzweiflungstat hatte Ramazanov vergangenen Mittwoch die Öffentlichkeit auf sein Schicksal aufmerksam gemacht. Der 34-Jährige drohte im Ausländeramt der Stadt Paderborn mit Selbstmord. Aus Angst vor der drohenden Abschiebung wollte sich der beidseitig beinamputierte Mann umbringen. Die von einem Großaufgebot an Sicherheitskräften begleitete Aktion endete erst nach mehr als zwei Stunden. Eine Ärztin konnte den Rollstuhlfahrer zur Aufgabe bewegen.
Seitdem sitzt Mekmahn Ramazanov in Büren, den Flug hat die Zentrale Ausländerbehörde schon gebucht.
»Mein Mandant ist völlig verzweifelt und akut suizidgefährdet«, sorgt sich sein Rechtsanwalt Gerd Bauer. »Aber ich habe noch Hoffnung.« Er hat einen eiligen Asylfolgeantrag gestellt. Bauer versteht nicht, dass der aserbaidschanische Olympiakandidat, Europameister und Internationale Deutsche Meister nicht längst einen deutschen Pass hat. »Andere Spitzensportler wie Sean Dundee, Paolo Rink oder die halbe Eishockeynationalmannschaft sind praktisch über Nacht eingebürgert worden.« Doch an einem Behindertensportler sei das öffentliche Interesse wohl nicht so groß. »Dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird, ist der eigentliche Skandal«, findet Bauer.
Dabei hatte der Deutsche Behindertensportverband (DBS) schon vor den Paralympics vergangenes Jahr in Athen versucht, den Athleten, der 220 Kilo stemmt, für Schwarz-Rot-Gold zu gewinnen und sich beim Auswärtigen Amt für die Einbürgerung Ramazanovs stark gemacht.Der Verbandswechsel scheiterte damals am Veto aus Aserbaidschan. »Der Sportverband wollte sich die Freigabe fürstlich entlohnen lassen«, ärgert sich Dr. Karl Quade, Vizepräsident Sport des DBS, über die zweifelhafte Ethik der Funktionäre. Die Rede ist von 50 000 US-Dollar.
Im November 2004 bezogen dann auch die Kollegen der DBS-Abteilung Gewichtheben Position für Ramazanov als sie per Post bei Bundespräsident Horst Köhler um Hilfe für den Ausnahmeathleten baten.
Wenn die allerdings nicht ganz schnell kommt, sitzt Mekmahn Ramazanov morgen im Flugzeug nach Aserbaidschan. »Wir gehen im Moment davon aus, dass die Abschiebung planmäßig vollzogen wird«, sagte gestern Paderborns Ordnungsamtsleiter Udo Olschewski.

Artikel vom 15.02.2005