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Trotz Spende keine Fan-Freunde

»Krimineller Abstiegskandidat FCG« trifft »neidisches Bauerndorf Verl«

Von Marco Purkhart
(Text und Foto)
Gütersloh/Verl (WB). Auch das aktuelle WB-Sportstudio widmet sich dem heißen Oberliga-Derby, das nur so vor nachbarschaftlicher Rivalität sprudelt: Mit dem Verler Andreas Berenbrinker (29) und dem Gütersloher Christian Schwengber (23) berichten die Initiatoren einer einmaligen Aktion, wie am Sonntag im Heidewald kurzzeitig die gegenseitige Abneigung in den Hintergrund rückt.

Zwei fußballideologische »Feinde« an einem Tisch. Aber es kommt doch nicht gleich zur Schlägerei, oder?Berenbrinker: Ich habe mich noch nie geprügelt. Aber eins steht fest: Der FCG dürfte niemals mit uns in einer Liga spielen, weil der Gütersloher Neuanfang in der Oberliga nach dieser höchst kriminellen Vergangenheit eine absolut bodenlose Frechheit war! Die gehören in die Kreisliga - wie jeder andere insolvente Klub auch.
Schwengber: Immer die gleiche Leier. Ihr Verler Fans seid ja nur neidisch, weil wir im Heidewald grundsätzlich mehr Zuschauer haben. Und um diesen Komplex auszugleichen, will das kleine Bauerndorf der großen Stadt die Punkte klauen. Aber dazu kommt es dieses Mal bestimmt nicht!
Klingt nicht gerade nach fruchtbarem Boden für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Dennoch habt Ihr für Sonntag eine gemeinsame Aktion angekündigt. Wie sieht sie aus?Berenbrinker: Fans aus beiden Lagern werden vor dem Anpfiff und während der Halbzeit mit Spendendosen durch die Zuschauerreihen gehen, um Geld für die Flutopfer in Südostasien zu sammeln. Auch im VIP-Raum stellen wir eine Büchse auf.
Die Deutschen haben bislang eine unglaublich hohe Summe gespendet. Ist es nicht wahrscheinlich, dass die Spendenbereitschaft der meisten mittlerweile erschöpft ist?Berenbrinker: Natürlich. Deshalb wollen wir auch niemanden nötigen. Das soll auf freiwilliger Basis ablaufen, denn viele haben schon eine gute Tat geleistet.
Schwengber: Wenn jeder Zuschauer nur einen Euro oder auch 50 Cent gibt, wären wir schon total happy. Der Erlös wird übrigens am Dienstag dem Deutschen Roten Kreuz übergeben.
Wäre ein überwältigender Betrag vielleicht sogar der Beginn einer Fan-Freundschaft?Schwengber: Im Leben nicht! Wir würden nie miteinander ein Bier trinken gehen.
Berenbrinker: Das ist auch gar nicht nötig. Denn wir Verler haben nach dem Pflichtsieg gegen den Abstiegskandidaten FC Gütersloh einen gebührenden Anlass, alleine feiern zu gehen.
Was würde Euch ein Erfolg gegen den ohne Zweifel ärgsten Konkurrenten bedeuten?Schwengber: Die Saison lief ja bislang schlecht für meinen FCG. Manche Leistungsverweigerung aus der Hinrunde hat uns Fans zwar schon die Lust genommen. Aber ein Triumph über Verl würde die Enttäuschung auf einen Schlag in neue Euphorie umwandeln.
Berenbrinker: Ganz klar: Wir sind der Favorit und müssen gewinnen, wenn wir noch einmal oben angreifen wollen.
Dieses Rückspiel des Jahres ist zugleich die Premiere zweier neuer Trainer. Wie sehen eigentlich die Fans den Wechsel in der Coaching-Zone?Berenbrinker: Wir vom »Harten Kern« trauern Reinhard Schröter sehr nach. Das war ein Klasse-Kerl, der nicht zuletzt dafür gesorgt hat, dass Team und Fans alle zwei Wochen einen Stammtisch hatten. »Nase« bestätigte mit dem Rücktritt seine ehrliche und konsequente Art, aber es ist schade. Nun soll Mario Ermisch seine Chance bekommen - in Bielefeld hat er hervorragende Arbeit geleistet. Warum nicht auch in Verl.
Schwengber: Bezogen auf unseren Verein, bin ich da anderer Meinung. Rob Reekers musste weg, der war einfach nicht mehr tragbar. Unter ihm hat's keinen Spaß mehr gemacht. Was jetzt aber Fritz Grösche bewegen kann, muss man abwarten. Nur eines ist sicher: Der FC Gütersloh wird auf keinen Fall absteigen!
Zum Abschluss noch der obligatorische Tipp. Wie wird das Derby ausgehen?Schwengber: Wir gewinnen. Wie hoch, ist mir echt völlig egal.
Berenbrinker: Von wegen! Verl siegt 2:0 durch Tore von Scharpenberg und kurz vor Schluss Raschke. Denn gegen seinen Ex-Klub trifft selbst der Ulf wieder.

Artikel vom 12.02.2005