12.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Streit um Architektenhonorar

Vertrag regelt die Einzelheiten und bringt Sicherheit für beide Seiten

Von Eckard Gläsker
Herford (HK). In vielen Bereichen des gewerblichen Baurechtes, aber auch insbesondere bei der Durchführung privater Bauvorhaben bedienen sich die Bauherren oftmals der Inanspruchnahme eines Architekten. Dieses ist auch sinnvoll, da die Vielzahl der fachlichen Richtlinien und Gewerke, welche bei der Durchführung eines Bauvorhabens eine Rolle spielen, für den Privatmann kaum überschaubar sind.

Die Leistungen des Architekten (oder Architekturbüros) werden vielfach als Dienstleistungen wahrgenommen. Im Rechtssinne werden aber Dienstleistungsverträge von den Werkverträgen wesentlich unterschieden. Gemäß eindeutiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unterliegen auch die Architektenverträge dem Werkvertragsrecht, also dem gleichen Rechtssystem wie das der Bauunternehmer.
Die wesentliche Unterscheidung ist, dass bei einem Dienstleistungsvertrag der Verpflichtete lediglich die Durchführung der beauftragten Leistungsschritte schuldet, bei einem Werkvertrag wird ein gewisser Erfolg geschuldet. Beim Bauunternehmer ist dieses selbstverständlich die vollständige und mangelfreie Errichtung des Bauwerkes. Beim Architekten bezieht sich dieser Erfolg einmal auf den Erhalt einer Baugenehmigung, ferner auf die Baubegleitung und Bauüberwachung bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens.
In letzter Zeit mehren sich die Gerichtsverfahren, in denen die Vertragsgrundlagen für den Architekten und demgemäß die Berechtigung seines Honorars streitig verhandelt werden. Auch wenn ein Honorar im Architektenvertrag schriftlich vorgesehen ist (was der Regelfall sein sollte) kann später, nach Durchführung des Bauvorhabens und Auftreten von Mängeln, Streit über die Honorarhöhe entstehen.
Dabei entbrennt der Streit dann oftmals darüber, welche inhaltlichen Leistungspflichten der Architekt (gegenüber dem Erfolg?) zu erbringen hatte. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) sieht dazu gewisse Grundleistungen und Besondere Leistungen vor, welche unterschiedlich gestaffelt sind. Diese HOAI ersetzt aber nicht den Architektenvertrag. Dieses hat der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell in einer Entscheidung aus Juni 2004 nochmals grundsätzlich festgestellt. Diese Entscheidung des BGH wird als Meilenstein für das gesamten Architekten- und Ingenieurrecht angesehen.
Danach verbleibt es dabei, dass der Architekt im Ergebnis im Rahmen seines Auftrages den Erfolg schuldet, dieser Erfolg kann sich aber in Teilschritte untergliedern. Soweit nichts anderes Schriftliches vereinbart ist, orientieren sich diese Teilschritte an den jeweiligen Teilerfolgen der Leistungsphasen, wie diese in der HOAI niedergelegt sind (insbesondere in § 15).
Auch wenn die HOAI grundsätzlich nur als Abrechnungsformel gilt, können die dort niedergelegten Leistungsphasen zur ergänzenden Vertragsauslegung herangezogen werden, wenn im Architektenvertrag nicht dezidiert etwas anderes vereinbart ist. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich dringend, um spätere Streitigkeiten über den Inhalt der zu erbringenden Architektenleistungen zu vermeiden, immer einen schriftlichen Architektenvertrag abzuschließen, notfalls unter Zuhilfenahme rechtlicher Beratung. Dieses bedeutet Planungs- und Vertragssicherheit für beide Seiten.
Der Bundesgerichtshof stellt dazu ebenfalls fest: »Der Bauherr wird regelmäßig ein Interesse an den Arbeitsschritten haben, die es ihm ermöglicht zu überprüfen, ob der Architekt den geschuldeten Erfolg vertragsgemäß bewirkt hat, um ihn in die Lage zu versetzten, etwaige Gewährleistungsansprüche gegen Bauunternehmer durchzusetzen und die erforderlich sind, die Maßnahmen zur Unterhaltung des Bauwerkes und dessen Bewirtschaftung zu planen.«
Haftung des Bauunternehmers für Werkmängel:
Der Gesetzgeber hatte zum 01.01.2002 das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in wesentlichen Teilen geändert. Dieses betrifft insbesondere auch das Werkvertragsrecht (§§ 633 ff. BGB) und die komplette Veränderung des Verjährungsrechtes. Wichtige Entscheidungen des Bausenates beim Bundesgerichtshof (BGH) zur formulargemäßen Höchstgrenze vereinbarter Vertragsstrafen prägen ebenfalls das aktuelle Baurecht. Durch die Veränderung des Werkvertragsrechtes kommt es zu einer Erweiterung der Haftung des Unternehmers.
Der Gegenstand eines Werkvertrages ist nach der nunmehrigen gesetzlichen Definition in drei Stufen zu untersuchen.
1. Stufe:
Es kommt zunächst auf die vereinbarte Beschaffenheit des Werkes an. Diese kann sich aus dem Vertragsinhalt selbst oder entsprechenden Anlagen (Leistungsverzeichnissen) ergeben.
2. Stufe:
Soweit eine solche Beschaffenheitsvereinbarung nicht vorliegt, ist das Werk nur dann vollständig (mangelfrei) erstellt, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Diese Verwendungstauglichkeit ist nach den üblichen Verkehrsgepflogenheiten und dem Vertragsinhalt auszulegen. Bei einer unzureichenden Beschreibung könnte es also dazu führen, dass der Werkunternehmer auch für solche Verwendungstauglichkeiten haftet, die er selbst nicht erkannt oder kalkuliert hatte (!).
3. Stufe:
Wenn eine Verwendungstauglichkeit nicht gegeben bzw. nicht zu ermitteln ist, ist das Werk erst dann frei von Sachmängeln, wenn es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Gewerken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann. Auch hier haftet der Unternehmer für jede relevante Abweichung des ausgeführten Werkes von der geschuldeten Beschaffenheit (1. bis 3. Stufe) und zwar auch unabhängig davon, ob diese festgestellte Abweichung die Verwendungstauglichkeit beeinträchtigt oder nicht.
Der früher häufig verwendete Begriff der »Allgemein anerkannten Regeln der Technik« findet nunmehr in dieser gesetzlichen Definition keine Anwendung mehr, stellt aber insoweit einen geschuldeten »Mindeststandard« dar, wenn im Vertrag nicht Abweichendes geregelt ist.

Artikel vom 12.02.2005