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Italienisch heitere Lieder
von der Kürze des Lebens

Zuhörer forderten Zugaben mit Händen und Füßen

Halle (WB). Wenn der Tod im Dreivierteltakt daher kommt und die Süße des Südens mitbringt, könnte man glatt mit ihm davon tanzen. Jedenfalls im italienisch beschwingten Barockkonzert im Rahmen der Haller Bachtage. Die Zuhörer in der Johanniskirche waren Montagabend so begeistert, dass sie zwei Zugaben mit Händen und Füßen einforderten.

Die »Himlische Cantorey« bot ein musikalisches Programm mit heiterer Note und Liedtexten in Italienisch und Latein, die die Vergänglichkeit des Seins beschworen. »Il tempo fuggi« - die Flüchtigkeit der Zeit beschwor das Ensemble mit einer unglaublichen Leichtigkeit, wobei das gleichnamige Lied von Emilio de Cavalieri (1550 bis 1602), das Bassbariton Ralf Grobe als Eingangslied sang, dem Konzert den Titel gab. Der Darstellung von Seele und Körper verlieh Grobe volltönend Gestalt.
Repertoire
voller Charme
Und war es schon eine Überraschung, seiner Stimme nach dem Bachkonzert jetzt auf südlicherem Boden zu begegnen, so hatte Benoît Haller nun erst recht Gelegenheit, seinen wunderbar geschliffenen Tenor hören zu lassen - eine durch und durch italienische Stimme, die bei den Koloraturen eines Mazzocchi-Liedes erst richtig zur Geltung kam. Der schöne Altus von Henning Voss war schon einige Male in Halle zu hören.
»O aeternita veritas« - die Wahrheit der Ewigkeit lobten Veronika Winter und Tanya Aspelmeier, beide mit klarem Sopran, und begleitet von Streichern, bevor Alexander Weimann am Cembalo für Verblüffung sorgte. In irrem Tempo ließ er seine Finger bei einer »Ciaccona« von Bernado Storace aus dem 17. Jahrhunderts über die Tasten des Instrumentes laufen, ein furioses Werk in gekonnter Darbietung, der viele Zuhörer gern sofort Anerkennung gezollt hätten. Den Beifall sparten sie jedoch bis zum Schluss auf und spendeten ihn dann doppelt und dreifach. Und reckten die Hälse, um die ungewöhnlichen Streichinstrumente besser betrachten zu können, eine Lirone, die alternativ zur Gambe zum Einsatz kam, und eine langhalsige Chitarrone, die im Italien der Renaissance und des Barock statt Bass erklang. Alles ist eitel und vergänglich: Wie Andreas Gryphius einst dichtet, sang die »Himlische Cantorey« von »Vanitas Vanitatum«.
»La brevità della vita«, der Kürze des Lebens, entsprach leider die Länge des Konzerts. »Bisogna morire« - du musst sterben hieß es im eingängigen Walzertakt. Auch bei einer ersten Zugabe, bei der es die hingerissenen Zuhörer nicht belassen wollten. Einen derart charmanten Abend hatte wohl kaum jemand erwartet.Klaudia Genuit-Thiessen

Artikel vom 09.02.2005