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Computer
zum Spottpreis

Zeuge unglaubwürdig / Kein Urteil

Von Mario Berger
Paderborn (WV). Die Dinger waren nagelneu und wurden ihnen zum Spottpreis angeboten. Aber erfüllt der An- und Weiterverkauf von preiswerten Computern und Laptops gleich den Straftatbestand der gewerbsmäßigen Hehlerei? Diese Frage beschäftigte in einer fast acht-stündigen Verhandlung die 1. Große Strafkammer des Paderborner Landgerichts.

Auf der Anklagebank saßen der Sohn des Geschäftsinhabers eines Paderborner An- und Verkaufgeschäfts sowie dessen Freund. Der Filius hatte von Dezember 2002 bis Mai 2003 etwa 40 Rechner preisgünstig von einem 26-jährigen Privatmann erworben, der später als Zeuge auch die zentrale Figur der Verhandlung werden sollte.
Die Geräte sollen dann über seinen Freund per Internet bei ebay veräußert worden sein. Der 26-jährige Wolfgang D., wegen Betrugs zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, eröffnete im Vorfeld eine Vielzahl von ungedeckten Konten, um dann mit seiner EC-Karte in Paderborner Kaufhäusern sowie Städten im Rheinland »einkaufen« zu gehen. Die betrügerisch erbeutete Ware wurde nach seiner Aussage meistens noch am selben Abend zu dem Paderborner Laden gebracht. Überhaupt soll in dieser Zeit ein reger Handel zwischen dem Sohn des Inhabers und dem Betrüger stattgefunden haben.
Immer wieder versuchten die Rechtsanwälte der Angeklagten mit insgesamt sechs Beweisanträgen, die Unglaubwürdigkeit des Zeugen zu beweisen. Dieser leide, so vermutete einer der Verteidiger, unter einer Persönlichkeitsstörung. Auf die Frage von Richter Bernd Emminghaus, ob er jemals in psychologischer Behandlung gewesen sei, antwortete Wolfgang D. mit einem klaren »Nein«. Wie sich jedoch später herausstellen sollte, befand sich der 26-Jährige mindestens einmal in Behandlung.
Für das Gericht Grund genug, das Verfahren mit Zustimmung aller Beteiligten vorläufig einzustellen. »Die Beweissituation ist sehr schwierig, denn der Zeuge hat in einem wichtigen Punkt die Unwahrheit gesagt«, so der Vorsitzende Richter.
Die beiden Angeklagten müssen jetzt allerdings 8000 bzw. 3000 Euro Geldbuße zahlen.

Artikel vom 15.02.2005