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Doch eher ein Fall für die Leinwand

»Das indische Halstuch«: Wallace-Inszenierung enttäuschte


Lübbecke (mo). Auf einen spannenden Krimi-Abend mit dem Stück »Das indische Halstuch« von Edgar Wallace hatten sich die Besucher im Abonnement A des Kulturrings Lübbecke gefreut. Doch am Ende gab es viel Enttäuschung. »Dieser Fall hat alle Zutaten, die einen klassischen Wallace-Krimi zu einem Straßenfeger machen« - hieß es in der Vorankündigung. Doch die Inszenierung der Landesbühne Hannover konnte diesem Anspruch leider überhaupt nicht gerecht werden.
Von dem düsteren Schloss der alten Dynastie der Lebanons, deren Geschichte tausend Jahre zurück reichte, war in den lieblos gestalteten Kulissen auch mit größter Phantasie nichts zu erkennen. Und wer dann bei den Darstellern der Inspektoren von Scotland Yard die sprichwörtliche Verschrobenheit erwartete, fand diese immer nur im Ansatz. Eine Nebenrolle des kleinen Ganoven und des Butlers Kelver, gespielt von Dieter Wahlbuhl, ließ da ein wenig von dem aufblitzen, was »very british« hätte sein können.
Sehr schleppend kam die Geschichte ins Rollen. Der junge Chauffeur der Familie Lebanon wurde nach einem Kostümball erdrosselt im Park aufgefunden. Chefinspektor Tanner (Martin Konrad Becker) nahm die Ermittlungen vor Ort in MarkÕs Priory auf, unterstützt von Sergeant Totty (Oliver Jaksch) und Sergeant Ferraby (Claus Koschinski). Doch die Lady des Hauses (Barbara Bernt) behinderte durch ihr beharrliches Schweigen zusätzlich die Ermittlungen. Auch ihre undurchsichtige Dienerschaft, Gilder (Rüdiger Hellmann) und Brooks (Rudolf Schwarz), waren nicht das, was sie vorgaben zu sein.
Den eigentümlichen jungen Lord spielte Moritz Steffen. Er konnte in seiner Rolle des schizophrenen Sohnes und Erben der Dynastie Lebanon, am ehesten überzeugen. Er sei kein Denk-Mensch sondern ein Tat-Mensch, erklärte er gleich zu Anfang des Stückes dem Chefinspektor bei seinem freiwilligen Besuch von Scotland Yard. Bereits ein Hinweis auf den Mörder? Hübsch wird die Miss Craine immer wieder genannt, gespielt von Ulrike Dallapozza - und das war sie auch. Was hat sich eine Kostümbildnerin nur dabei gedacht, eine so zarte Gestalt in ein so grässlich schlabberiges, graues Kostüm zu stecken? Den jungen Lord soll sie heiraten, doch was da mit Sergeant Ferraby so läuft, das bleibt dem Zuschauer im Saal verborgen. Und warum sich die Darsteller ständig wieder eine neue Zigarette anzündeten und danach in kürzere oder längere Denkpausen verfielen, das blieb sicherlich das Geheimnis der Dramaturgie und war für den Betrachter im Saal nur störend.
Lange Pausen bei den einzelnen Vorhängen erschwerten es zusätzlich, eine Spannung aufzubauen. Ein Schuss beendete nach mehr als zwei Stunden das Spiel auf der Bühne. Der Meister des Krimis Edgar Wallace doch eher ein Fall für den Film, als für die Bühne?

Artikel vom 08.02.2005