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Spionage ist Männersache

Michael Frayns Stück »Democracy« in der Stadthalle Gütersloh

Gütersloh (wes). Es geht um Spionage, Betrug, Hinterlist, schmutzige Geldgeschäfte, Vertrauensmissbrauch und alles andere Schlechte, das in der Politik ab und an zu finden ist. Natürlich war es reine Männersache! Die Rede ist von Michael Frayns Theaterstück, was am Sonntagabend in der Gütersloher Stadthalle unter anderem mit Volker Kraeft aufgeführt wurde.

»Agentenaffäre - Demokratie« lautet der deutsche Titel dieses Realitätsstückes, das von der kurzen Regierungszeit Willy Brandts und der Spionageaffäre um Günter Guillaume handelt. Dafür erhielt der Macher im Oktober 2004 das Bundesverdienstkreuz.
Das Stück durchleuchtet den Einzug Willy Brandts in den Bundestag im Jahre 1969. Er tritt sein Amt als Bundeskanzler an und bekommt von seinem Kanzleramtschef Ehmke (hier verkörpert von Dirk Schmidt) den »Wurm in sein Holz« gesetzt - durch die Ernennung des damals »von der Strasse kommenden« Günter Guillaume zum Referent für Wirtschaftsfragen. Seine Gewerkschaftskontakte wollte man nutzen, doch der gelernte Fotograf erzählte etwas Vertrauliches zwischen »Ost und West« und nutzte letztendlich jede frei Minute, um den Bundeskanzler zu hintergehen. Als DDR-Spion entpuppte sich Guillaume in der Nacht zum 24. April 1974. Er wurde zu acht Jahren Haft verurteilt - wegen schweren Landesverrats. 1981 wurde er in die ehemalige DDR abgeschoben und dort als Kundschafter des Friedens gefeiert.
Volker Kraeft glänzte in seiner Rolle als Willy Brandt ebenso wie Carsten Klemm als Günter Guillaume. Die Entdeckung der beiden als eigentlich »Gleichgesinnte«, weil sie doch beide eine Vergangenheit zu vertuschen hatten, spielten sie auf der Bühne, als wäre es die eigene Haut. Willy Brandt, geboren in Lübeck als Herbert Frahm, und Günter Guillaume, der schon zu Jugendzeiten Kontakt zur Staatssicherheit suchte - dies bei der Einstellung im Kanzleramt aber verschwieg: zwei »Lügner«, die sich gegenseitig das Wasser reichen konnten - im wahren Leben, wie auch inszeniert auf der Bühne.
Michael Frayn hat einige Fragen, die im Zusammenhang mit dem Fall Guillaume stehen, natürlich nicht beantworten können. Daher sind Passagen des Stückes frei erfunden. Doch das Theaterstück insgesamt wirkte in sich geschlossen und lies für den Zuschauer keine Bedenken offen, dass etwas nicht der Realität hätte entsprechen können. Sehr überzeugend zeigte sich auch Bert Franzke als Herbert Wehner. Sein Bild des zurückhaltenden Politikers, der mal schmunzelt, seine Parteifreunde zum Abwarten anregt und genüsslich an seiner Pfeife zieht, während seine Augen durch die Brille blinzeln, wandelt sich schnell zu dem des gewieften Kopfes der Runde. Mit Geld lasse sich vieles regeln, ist seine Devise. Reine Männersache eben!
Weitere Theatertermine: am heutigen Dienstag und Sonntag, 13. Februar, jeweils um 19.30 Uhr in der Gütersloher Stadthalle.

Artikel vom 08.02.2005