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Das gab's noch nie:
Striptease in der Bütt

Vor 260 Jecken fallen in Schützenhalle die Hüllen

Von Dunja Henkenjohann (Text)
und Michael Delker (Fotos)
Verl (WB). Ob in Dirndl oder Leserhosen - Hubert Werning kann in jedem Outfit posen: Einmal mehr brillierte der Vikar der Katholischen Kirchengemeinde St. Anna bei der Prunksitzung »Alle unter einem Hut« am Samstagabend in der Verler Schützenhalle. Doch zwei Damen stahlen dem Geistlichen tatsächlich die Show mit einem Auftritt, der alles andere als geistlich war: einem Striptease.

Zum ersten Mal waren die »Sienebours Kladousen« mit unter den Hut der Interessengemeinschaft von Kolpingsfamilie, Schützen-Gilde und Sport-Club »geschlüpft«, und prompt sorgten sie für einen Höhepunkt. Christine Riekhaus und Anja Schreibvogel als betagte Damen »vertellten up Platt« nicht nur, »wat et bi ÝOhlalalaÜ inner Wilhelmstraße Schicket für unnen drunner chibbt« - sie zeigten es auch.
Sehr zur Freude der Männer unter den mehr als 260 Narren im Publikum ließ das Duo nach einem beherzten Vortrag die Hüllen fallen. Doch was dann zum Vorschein kam, war keine nackte Haut: »Ritzenflitzer« und Büstenhalter kamen vielmehr am fleischfarbenen Kostüm zur Geltung, das Christine Riekhaus und Anja Schreibvogel - entsprechend ihrer Rolle als Walburga und Freundin - das ein oder andere Pfündchen mehr auf den Leib mogelte.
Etwas fürs Auge waren auch die Auftritte der Tanzgruppe »Happy Dancer«, die mittlerweile zum Inventar des Verler Karnevals gehören. Schon zur Eröffnung lieferten die Tänzerinnen um Trainerin Silvia Mersch mit ihrem Gardetanz choreografische Glanzlichter. Jeder Schritt ist - genau wie die selbstgeschneiderten Kostüme und der Zusammenschnitt der Musik - »made in Verl« und begeistert Jahr für Jahr aufs Neue.
Kaum wegzudenken aus der traditionellen Prunksitzung ist »Unser Till« alias Ferdi Hensler. Für den Büttenredner waren das Gerangel um die Kandidatur für das Bürgermeisteramt ebenso ein gefundenes Fressen wie die goldene Uhr, die die CDU Klaus Hörsting zum Abschied verweigert hatte. »Dieses Waschen schmutziger Wäsche in der Öffentlichkeit, das war der Gipfel der Peinlichkeit«, mokierte sich »Till« und kürte angesichts der Lärm-Querelen um »Onkel Tom's Hütte« Verls »Unwort des Jahres«: Dezibel. »Ab 22 Uhr heißt es bald ÝVerler TodÜ«, prognostizierte der Büttenredner und stellte klar: »Ein Volksfest mit nur leisen Tönen ist ein Fest zum Abgewöhnen.«
Abgewöhnen muss sich »Till« das Lästern über die Volksbank: »Schade, die Bank mit ihrem hohen Streben bot mir lange Stoff für Büttenreden«, bedauerte er und hoffte, dass Bürgermeister Paul Hermreck diese Versorgungslücke ausfüllen wird.
Einen Ausflug in höhere Ligen machte »Stammspieler« Markus Pollmeier, der seit Jahren als SCV-Fan in der Bütt steht. Doch jetzt mussten seine Anhänger länger als gewohnt auf die Lästereien über den FC Gütersloh warten: Wichtiger war »der Traum aller Schwiegermütter und der Albtraum aller Wettbüros«, Robert Hoyzer. Ob Pollmeier deswegen von zwei Bodyguards zu seinem Auftritt in der Bütt begleitet wurde? Schließlich nahm der Verler, der demnächst im Dienstwagen der Wettmafia unterwegs sein wird, kein Blatt vor dem Mund.
Nach drei Stunden Programm wurde die Bütt zur Seite geschoben, mit Hilfe der Band »Let's Dance« machten die Narren ihr eigenes Programm: Bis spät in die Nacht wurde getanzt und gefeiert.

Artikel vom 07.02.2005