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Hochburg der
Verschuldung

Kreis mit unrühmlichem Spitzenplatz

Von Bernd Bexte
Herford (HK). In keinem anderen Kreis der Region gehen - umgerechnet auf die Einwohnerzahl - so viele Privatleute pleite wie im Kreis Herford. Nach Angaben des Inkassobüros »Creditreform« liefen im vergangenen Jahr 472 Verbraucherinsolvenzen. Auch bei der Zahl der überschuldeten Haushalte liegt der Kreis vorn.

8500 Fälle privater Überschuldungen hat das bundesweit tätige Unternehmen, das auch eine Filiale am Oetinghauser Weg unterhält, im vergangenen Jahr registriert. Das waren 650 Fälle mehr als im Jahr zuvor. Nach Bielefeld ist das die zweitschlechteste Entwicklung in OWL. Hauptgründe dafür seien die Arbeitslosigkeit sowie die zunehmend schlechte Zahlungsmoral.
»Die Zahl der Beratungsgespräche nimmt von Jahr zu Jahr zu«, sagt auch Marco Taksz, seit zehn Jahren Schuldnerberater beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Herford. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen. »Die große Klippe kommt jetzt durch das neue Arbeitslosengeld II, wenn viele ehemalige Arbeitslosenhilfe-Bezieher weniger Geld zur Verfügung haben.«
Der SkF, eine von drei Schuldnerberatungen im Kreis, ist für Herford, Hiddenhausen und Enger zuständig. Dafür stehen knapp drei Planstellen zur Verfügung. Allein Taksz hat im vergangenen Jahr rund 200 Beratungsgespräche geführt. »40 Ratsuchende waren so genannte Langzeitkontakte«, erklärt er. Die Gründe für eine Überschuldung haben sich im Laufe der Jahre nicht geändert. Nur die Zahl der Fälle habe halt zugenommen: »Arbeitslosigkeit, Scheidung, Krankheit, das sind immer noch die Knackpunkte, wenn aus einer Verschuldung eine Überschuldung wird.«
Damit diese kein Dauerzustand bleibt, gibt es seit einigen Jahren die gesetzliche Möglichkeit einer Verbraucherinsolvenz. Nach einer »Wohlverhaltensperiode« von sechs Jahren ist der Betroffene dann schuldenfrei. Im vergangenen Jahr hat der SkF 40 neue Verfahren begleitet. »Wegen der großen Nachfrage haben wir allerdings ein halbes Jahr Wartezeit zwischen Erstgespräch und Einleitung dieser Verfahren«, sagt Taksz' Kollegin Dagmar Rupprecht.
472 Verbraucherinsolvenzen wurden im vergangenen Jahr im Kreis Herford gezählt. In Bielefeld (488), im Kreis Minden-Lübbecke (555) und in Lippe (520) waren es zwar mehr, allerdings wohnen hier auch jeweils deutlich mehr Menschen.
Die steigende Zahl der Überschuldungen hat auch zu deutlich mehr Zwangsversteigerungen privater Immobilien geführt. 2004 waren es beim Amtsgericht Herford rund zwei Drittel der insgesamt 130 Fälle. Das waren doppelt so viele wie im Jahr 2000.

Artikel vom 04.02.2005