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Süße »Heimatmelodie«
mit schroffen Dissonanzen

»Malediva« überraschte mit musikalischem Rückblick

Von Andrea Pistorius
Altenbeken (WV). Kann es auf der Kleinkunstbühne überhaupt noch etwas Neues geben, wenn schon alles im Fernsehen war? Es kann: Mit dem männlich besetzten Duo »Malediva« ist dem Kulturbüro OWL ein musikalisch-kabarettistischer Überraschungsabend im Eggemuseum gelungen.

Angekündigt wurde ein Programm unter der Überschrift »Heimatmelodie«, und wer da eine fröhliche Abfolge von Heile-Welt-Liedern erwartete, der wurde trickreich getäuscht. Denn augenzwinkernd verpackt »Malediva« seine ernüchternd realistischen Daseinsbeschreibungen und Gefühlsturbulenzen in harmonische Klänge mit gelegentlich alpenländischem Charakter.
»Unser Dörfli ist schön« singen die beiden Herren aus Berlin, wobei sie das Idyll stimmlich mit Schlagsahne und Zuckerguss überzogen. Doch in Wirklichkeit gibt es im »Dörfli« Waschbetonschalen mit Anemonen drin, Kinder, die mit Bolzenschussgeräten groß werden, und jede Menge peinlichen Klatsch und Tratsch. Irgendwie muss das Trauma, in einem nordhessischen Kaff nahe der damaligen Zonengrenze aufgewachsen zu sein, ja abgearbeitet werden.
Und so plaudern und singen sich Lo Malinke und Tetta Müller frei von alten Zwängen und Ängsten, wobei sie sich scheinbar spontan die Sätze wie Bälle zuspielen und auf immer neue Themen kommen. Da war doch die Geschichte vom Hamster Horst, der dem Jalla gehörte (oder war's der Schalla?), jedenfalls der mit diesem großen Schäferhund namens Eva Braun, und der hatte eine Oma, die soff geradezu »Doppelherz«, ja das war im Neubaugebiet, wo diese Lehrerin wohnte, kurz und klein: die Oma fuhr Kettcar und das war das Ende von Hamster Horst.
Wenn der Zuhörer schon fürchtet, den Faden zu verlieren, kommt »Malediva« immer wieder aufs Thema zurück und so entfaltet sich ein rührendes, oft genug auch schmerzendes Panorama des dörflichen Mikrokosmos'. Natürlich geht es auch um die Liebe, doch selbst die tut bei »Malediva« meistens weh.
So erlebte das Publikum einen eher melancholischen Abend und fühlte sich dennoch bestens unterhalten. Die Texte, die Pianist Florian Ludewig in abwechslungsreiche Klänge verpackt, treffen den Kern der Dinge und direkt ins Herz. Der perfekte Zweigesang, die einfühlsame Klavierbegleitung und die raffinierte Lichtregie taten ein übriges, den Abend zu einem nachklingenden Erlebnis werden zu lassen.

Artikel vom 03.02.2005