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Frostige Stimmung
auf der Sonneninsel

SCP-Trainer Dotchev ist als Psychologe gefordert

Von Matthias Reichstein
Cala Millor (WB). Auf Spaniens Sonneninsel klettert das Thermometer in diesen ersten Februartagen gerade mal in den zweistelligen Bereich. »Es ist kalt, aber wenigstens die Plätze sind in einem Topzustand«, sagt Pavel Dotchev. Der Trainer des SC Paderborn 07 bereitet seine Mannschaft in Cala Millor auf die Rückrunde in der Fußball-Regionalliga vor. Der Auftrag heißt Aufstieg, einer, der zwischen Wett-Skandal und immer länger werdender Verletztenliste kaum zu erfüllen ist.

Es ist kalt in Spanien, innerhalb des Kaders des Drittligisten ist die Stimmung frostig. »Meine Jungs sind geknickt und können sich kaum auf das Wesentliche konzentrieren. Jede freie Minute suchen sie im Internet nach neuen Enthüllungen«, beschreibt Dotchev die Situation. Das »Wesentliche« ist für den Fußball-Lehrer die tägliche Arbeit mit dem Ball. Am Montag, wenige Stunden nachdem alle Nachrichtenagenturen, TV- und Radiostationen die Verwicklungen des Drittligisten in den Skandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer weltweit verbreiteten, mussten die Paderborner Profis ein Testspiel absolvieren. Gegner war auch ein Tabellenzweiter der dritten Liga, nur kam der aus dem Süden. »Nach 30 Minuten lagen wir schon 1:3 zurück, da waren wir gar nicht auf dem Platz«, blickt Dotchev zurück. Nach weiteren 60 Minuten stand's 3:3, sogar ein Sieg über die Sportfreunde Siegen war noch drin, wenn nicht Benjamin Schüßler noch einen Elfmeter in den Himmel der Ferieninsel gejagt hätte. »Da hat sich die Mannschaft zusammen gerissen, das war insgesamt in Ordnung und macht Hoffnung auf Besserung.«
Normalerweise werden in einem Winter-Trainingslager die Grundlagen für eine erfolgreiche Rückrunde geschaffen, für Dotchev geht es dagegen im Moment nur um Schadensbegrenzung. Der Trainer ist dabei vor allem als Psychologe gefordert: »Ich muss jetzt stark bleiben. Meine eigene Verunsicherung darf sich nicht auf die Mannschaft übertragen. Ich muss ihnen Mut machen.«
An geregeltes Training ist ohnehin nicht zu denken. René Müller, Georgi Donkov und Guido Spork flogen verletzungsbedingt erst gar nicht mit. Daniel Cartus, Alexander Löbe und Borislav Tomoski sind angeschlagen. Kapitän Thijs Waterink ist aus bekannten Gründen suspendiert und Neuverpflichtung Miodrag Latinovic (Eintracht Trier) traf nach dem Blitz-Transfer von Montagabend erst am Mittwochmittag auf seine neuen Teamkollegen. Dotchev, früher selbst bulgarischer Nationalspieler und in der Bundesliga für den Hamburger SV am Ball, beschreibt die Lage als »sehr kompliziert und sehr schwierig«, und ist »froh, dass die Rest-Rückrunde nicht schon am Samstag startet«.
Die entscheidende Phase im Kampf um einen Platz der zweiten Liga beginnt für die Paderborner am 19. Februar. »Gott sei Dank mit einem Heimspiel«, ahnt auch der 39-jährige Fußball-Lehrer schon, was sein Team gerade auf des Gegners Plätzen erwartet: »Von den gegnerischen Fans werden wir noch mehr gehasst, die neutralen Beobachter schauen noch genauer hin. Jede strittige Entscheidung, die für uns gepfiffen wird, wird hinterher seziert. Jeder Schiri wird im Zweifel lieber gegen uns pfeifen.«
Keine guten Aussichten im Aufstiegskampf, was Pavel Dotchev bleibt, ist die Hoffnung. Er hofft, dass der Wett-Skandal schnell aufgeklärt wird. Er hofft, dass seine Elf noch enger zusammenrückt, diese Affäre die Einheit im Team zementiert und viele Siege seine Elf wieder in die Erfolgsspur führen. Und er hofft, dass es zu keinen neuen Geständnissen kommt, die den SC Paderborn 07 indirekt oder direkt betreffen. »Für 500 Euro macht sich kein Profi strafbar«, versichert Dotchev, stellt sich damit zum wiederholten Mal vor seinen Kader. Aber auch in seiner Stimme schwingt viel Hoffnung mit.

Artikel vom 03.02.2005