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Landesligist bot 500 Mark an

Bestechung im Fußball: Unterschiedliche Erfahrungen heimischer Sportler

Schlangen (SZ). Der Skandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer und Bestechlichkeit im Fußball erhitzt die Gemüter. Der Kapitän des SC Paderborn 07, Thijs Waterink, hat Geld angenommen. In der ARD-Talkshow bei Sabine Christiansen erklärt am Sonntagabend Ex-Nationalspieler Paul Breitner, dies sei erst die »Spitze des Eisberges« und in den Fußballklassen ab der Bezirksliga seien Spiele bereits für fünf Maaß Bier zu manipulieren. Wahr oder unwahr? Was sagen heimische Fußballer, Trainer, Schiedsrichter und Vereinsbosse hierzu? Die Antworten reichen von »Schwachsinn« bis »absolut zutreffend«. Die Reaktionen sammelte Uwe Hellberg, Redakteur der SCHLÄNGER ZEITUNG.

Friedhelm Lüning, der einst für Schlangen in der höchsten deutschen Amateurklasse am Ball war, meint: »Der Mann hat absolut recht. Das ist eine bekannte Tatsache. Solange es Fußball gibt, wird auch in den unteren Klassen, wenn es um den Klassenerhalt geht, manipuliert. Leute, die sich mit Fußball befassen, wissen dies aber auch.«
»Der Breitner spinnt«, wundert sich José Antonio Garrido Mira, Trainer des Bezirksligisten TSV Kohlstädt, über die Äußerungen des Ex-Nationalspielers. »Das gibt es grundsätzlich nicht. Das ist unvorstellbar. Wir haben schon einmal das Angebot bekommen, Ýwenn ihr diesen Gegner schlagt, dann erhaltet ihr 30 Liter BierÜ. Aber dies ist in den vergangenen acht Jahren nur einmal vorgekommen. Bei uns gibt es so etwas nicht. Wir gehen in jedes Spiel, um zu gewinnen.«
Auch Holm Hänsgen, Coach des Bezirksligisten SSV Oesterholz, hält nichts von Breitners Aussage. »Das ist ein Gerücht. Ich denke, dass der sportliche Ehrgeiz bei allen vorhanden ist, ein Spiel fair durchzuziehen. Bei meinen Mannschaften gibt es so etwas jedenfalls nicht. Der DFB sollte jetzt so schnell wie möglich den Fußball in den Profiligen wieder sauber kriegen.«
»Paul Breitner hat nicht ganz unrecht«, meint dagegen Frank Ewert, Spieler des SSV Oesterholz, und weiß von eigenen Erfahrungen zu berichten. »Ich habe dies selbst schon erlebt. Als ich vor Jahren noch in Ovenhausen gespielt habe, ist ein abstiegsgefährdeter lippischer Bezirksligist an uns herangetreten und hat etwas angeboten. Wir haben uns aber nicht darauf eingelassen, weil ich einfach für sauberen Sport bin. Wenn es um den Abstiegsbereich oder die Entscheidung um die Meisterschaft geht, gibt es aber immer wieder Versuche, zu manipulieren. Da wird zum Beispiel angeboten, einen Mannschaftsabend zu finanzieren. Das geht runter bis in die Kreisliga und dabei geht es auch um Geld.«
»In den unteren Klassen wird nichts manipuliert«, ist dagegen Gerhard Voß, Vorsitzender des FC Fortuna Schlangen, sicher. »Eine Bestechung, zum Beispiel im Abstiegskampf, würde sich später rächen, denn es wäre ja nur eine Frage der Zeit, wann ich wirklich absteige. Paul Breitner hat selbst nie was Großartiges gemacht. Er fällt immer nur durch Sticheleien aus dem Hintergrund auf.«
Einen ganz besonderen Blickwinkel auf die Entwicklung hat Gerhard Linnemann. Der 67-Jährige, Mitglied des SSV Oesterholz, ist seit mehr als vier Jahrzehnten als Schiedsrichter aktiv. Voller Überzeugung sagt Linnemann, er sei auch heute noch »mit Leib und Seele Schiedsrichter«. Der Oesterholzer hat bis zur Oberliga Spiele gepfiffen und auch in der 2. Bundesliga als Linienrichter fungiert. »Möglich ist alles«, sagt Linnemann, »aber bei den Amateuren ist kein Geld zu holen. Robert Hoyzer ist sicher kein Einzelfall, aber schwarze Schafe gibt es überall. Ich habe einmal erlebt, dass mir in Verl 500 Mark angeboten wurden. Die Verler wollten damals nicht aus der Landesliga absteigen. Ich habe entschieden abgelehnt. Bei Spielen in den Profiligen hat früher eigentlich immer ein kleines Geschenk für den Schiedsrichter auf dem Tisch gestanden, etwa eine Sporttasche oder ein Handtuch. Dies ist aber auch erlaubt.«
»Ich kann ruhigen Herzens behaupten, von solchen Fällen noch nichts gehört zu haben«, erklärt Adolf Muhr, Staffelleiter der Fußball-Bezirksliga-Staffel 3. »Der Skandal muss schnellstmöglich aufgeklärt werden. Dafür muss der Deutsche Fußball-Bund sorgen. Und das Gros der Schiedsrichter ist nach meiner Überzeugung in Ordnung.«

Artikel vom 01.02.2005