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Musikalische Reise durch die Zeit

Organist Benjamin Dippel spielt in Siemshof Werke von Barock bis Jazz


Löhne-Mennighüffen (LZ). Einen musikalischen Einstand nach Maß hat der Organist Benjamin Dippel am Freitagabend in der Heilandkirche Siemshof feiern können. Beim zweiten Epiphaniaskonzert standen Werke von Frescobaldi, Clérambault, Böhm, Bach, Mendelssohn-Bartholdy und Gárdonyis im Mittelpunkt, die der neue Leiter der Löhner Kantorei hervorragend intonierte.
Die musikalische Reise, auf die sich mit Dippel etwa 50 Zuhörer begaben, begann im Rom. Dort war Girolamo Frescobaldi bis zu seinem Tod Organist an der Cappella Giulia am Petersdom. Den Höhepunkt seines komponistischen Schaffens bildet das zweite Toccatenbuch »Il secondo libro di toccate« aus dem Jahr 1637- ein Werk, das sich durch seine enorme kontrapunktische Kunstfähigkeit auszeichnet.
Weiter ging es nach Frankreich in das Jahr 1714. Louis-Nicolas Clérambault gehörte zu den 24 Gambisten des Königs. In seiner »Suite du Deuxiéme Ton« verbindet er auf besondere Weise Ernst und Grazie, Kunst und Natürlichkeit. Durch die Verschiedenartigkeit der einzelnen Sätze wird der gesamte Farbenreichtum der Orgel ausgeschöpft.
Mit dem nächsten Komponisten entführte Benjamin Dippel sein Publikum nach Deutschland im ausgehenden 17. Jahrhundert. Georg Böhm fasst in seinem sechsversigen Choralzyklus verschiedene Stile zusammen. Nord-, Mitteldeutsche und französische Elemente sowohl aus der Orgelmusik als auch aus der zeitgenössischen Oper und Kammermusik verschmelzen zu einem überzeugenden Ganzen. Sein großes Interesse an verschiedensten Musikströmungen und die Fähigkeit, diese seiner eigenen musikalischen Sprache anzuverwandeln, zeichnete später auch seinen bedeutendsten Schüler, Johann Sebastian Bach, aus.
Als sich Bach 1720 mit großem Engagement um die Stelle des Organisten an der Hamburger St. Jacobi-Kirche bewarb, entstand eines der beliebtesten Stücke seines Orgelschaffens, die fuge g-moll. Sie wurde von einem Hamburger Kopisten als »das allerbeste Pedal-Stück vom Herrn Johann Sebastian Bach« bezeichnet und in nicht weniger als 20 Abschriften als Einzelwerk überliefert.
Über 100 Jahre später treffen Benjamin Dippel und seine Zuhörer in der Epoche der Romantik auf Felix Mendelssohn-Bartholdy. 1837 entstand das pastoralenähnliche Präludium G-Dur. Die scheinbare Naivität und melodiöse Volkstümlichkeit bei Mendelssohn sind jedoch Ergebnis reflektierenden Kunstverstandes. Das Thema der Fuge erweist deutlich Bachs Fuge h-Moll aus dem ersten Band des »Wohltemperierten Klaviers« eine Ehrerbietung.
Die Musikalische Reise vom Barock zum Jazz endete am Freitagabend in der Jetzt-Zeit. Zum Abschluss erklang Zsolt Gárdonyis' »Mozart Changes«. Der Würzburger Professor für Tonsatz spielt in seiner Komposition mit zwei Motiven aus Mozarts letzter Klaviersonate D-Dur Köchelverzeichnis 576. In einer heiteren Metamorphose erschließen die tänzerischen Motive eine neue Dimension: Ein Wechsel der Welten zwischen Klassik und Jazz. »Mozart Changes« wurde 1995 in den USA uraufgeführt.

Artikel vom 31.01.2005