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Von Kopf bis Fuß auf Hiebe eingestellt

Barbara Kuster begeistert in der »sonderBar«

Von Wolfgang Döbber
Löhne-Bahnhof (LZ). Ihr Programm heißt »Gelobt sei, was zart macht«. Dabei liebt sie eher die herben und gewaltigen Töne: Die Potsdamer Kabarettistin Barbara Kuster überzeugte am Donnerstag Abend in der ausverkauften »sonderBar« vor 130 Zuschauern mit Schlagfertigkeit, Verwandlungskunst und einer rockumhauchten Stimme.

Kuster, als facettenreiche und stimmgewaltige Künstlerin bekannt und mehrfach ausgezeichnet, legte munter los und teilte kräftig aus, und jeder in der »sonderBar« ahnte: Mit dieser Frau, »diesem Mannweib« (Kuster über Kuster) ist nicht gut Kirschen essen. Listig baute sie eine Pointe auf, mit voller Wucht schlug sie jedoch der »pädagogischen« Absicht ins Gesicht. Sang einst die Dietrich »Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt«, so war die Kuster auf »Hiebe« eingestellt.
Politische Giftpfeile flogen alsbald. Ihr Mann, Funktionsträger bei den Sozis im Unterbezirk Potsdam, hatte »nach der Parteispendenaffäre im Rheinland ja auch einen schweren Stand. Da wollte er nicht einmal mehr Blut spenden gehen. Ja. Und dann jammerte er diesem Oskar hinterher. Mensch, du musst nicht gleich jeden Müll aus der Tonne holen«, gab sie den Nostalgikern Pfeffer. Schröder bekam auch sein Fett weg, »der ein Sozi?, ach, das verwächst auch noch!«
Leger, meist in Schwarz gekleidet, schlüpfte sie mühelos in weitere Rollen. Die Sexbombe, verführerisch grob. Die Femme fatal, lasziv. Die Emanze (mancher Mann in der ersten Reihe hatte einen schweren Stand), die Rockröhre Tina Turner (extensiv zum Finale), die schnulzige Parodie auf den »Titanic-Song«, und eine böse Abrechnung mit den Karnevalsbräuchen: »Wenn Sie das erlebt haben, wissen Sie, warum die Taliban unsere Kultur abgelehnt haben.« Da schluckte mancher kurz und tief im Saal. Kuster blieb die rasende Reporterin der Gemeinheiten. Neckermann-Reisen jetzt günstig, »nach Bagdad oder Kabul, wie Sie wollen«.
Mehr als gut blieben die Songs, die »Bella Italia«-Parodie erinnerte an »Carbonara« von Spliff, das Stück »Gelobt sei, was zart macht« führte zu den Beatles (»Fool on the Hill«, »Eleanor Rigby«). Also, ein wenig Nostalgie war dann doch noch da, in der »sonderBar«. Um 22 Uhr ging sie, nach zwei erklatschten Zugaben. Mit einem herben Lächeln im Gesicht.

Artikel vom 29.01.2005