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Ins kalte Wasser
geworfen

Hartz IV: ohne Krankenversicherung

Von Manfred Schraven
Paderborn (WV). Mit Widersprüchen, Bittschriften, nicht selten auch mit Ohnmacht und Verzweiflung reagieren viele, viele Betroffene schon bei den ersten Zügen, nachdem sie zu Beginn des Jahres durch Hartz IV ins kalte Wasser geworfen worden sind. Ein Beispiel: die Krankenversicherungsbeiträge.

Susanne Budde (39) und ihr Lebenspartner Wolfgang Dreier (47) haben sich zwar keine großen Sprünge leisten können - bis zum ablehnenden Bescheid für die Anerkennung von ALG II waren sie im großen und ganzen aber sorgenfrei. Er bezog als Bahnbeamter ein ordentliches Gehalt, sie steuerte ihre Arbeitslosenhilfe in Höhe von 280 Euro im Monat bei, zusätzlich war sie krankenversichert. 750 Euro auf dem Konto lagen zudem für »den Notfall« bereit. Für den Notfall, der sie jetzt ereilte, würde dieser kleine Sparbetrag allerdings hinten und vorne nicht reichen. Durch die gemeinsame Wohnung haben sie nach der neuen Regelung nämlich den Status der so genannten Bedarfsgemeinschaft. Sie werden gemeinsam veranschlagt, mit der Folge, dass der Freund mit seinem Einkommen für den gemeinsamen Lebensunterhalt gerade stehen muss, inklusive der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung.
Das Geld, so Susanne Budde, fehle sowieso an allen Ecken und Kanten, zumal ihr Partner nach seiner Scheidung monatlich 600 Euro Unterhalt für seine Kinder zahlen müsse. Gerade noch 250 Euro habe man zum leben: »Für meine Krankenversicherung ist nichts mehr da!« Zurzeit ist die 39-Jährige nicht mehr krankenversichert. Das Schlimme: Susanne Budde wurde 1997 an der Schilddrüse operiert. Seit dieser Zeit ist sie auf Medikamente angewiesen. Nur, diese rezeptpflichtigen Mittel bekommt sich natürlich auch nicht mehr, da sie sich den erforderlichen Arztbesuch gar nicht mehr leisten kann.
750 bis 800 ablehnende Bescheide hat die Agentur für Arbeit in Paderborn in der Bahnhofstraße bisher ausgestellt. Und in der Regel entfällt dabei auch die Übernahme der Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung. Da es sich bei den Partnerschaften aber zumeist um Ehen handele, greife da die Familienversicherung. Fälle, wie der geschilderte, seien so gut wie nicht bekannt, war aus der Bahnhofstraße zu erfahren. Hier mag folgende Aufklärung hilfreich sein: Für den Fall, dass die Bedürftigkeit abgelehnt wird, muss sich der Betroffene freiwillig versichern. Die Beiträge sollten unverzüglich bei der Agentur für Arbeit angemeldet werden. Sie würden bei einer neuen nachträglichen Bedürftigkeitsprüfung angerechnet - mit der Folge, dass die Beiträge bis zu einer Höhe von 125 Euro übernommen würden.

Artikel vom 01.02.2005