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Stiegelmeyer muss
87 Jobs abbauen

Krankenbettenspezialist legt Werke zusammen

Herford (pjs). Die Stiegelmeyer GmbH & Co. KG steht vor einer umfassenden Umstrukturierung und dem Abbau von mindestens 87 Arbeitsplätzen in Herford: Im Werk an der Füllenbruchstraße sollen bis 2006 Produktion und Logistik des Unternehmens zusammengeführt werden. Bereits zum Jahreswechsel war die Verwaltung in die benachbarte Ackerstraße gezogen. Mit dem Betriebsrat wird jetzt über ein Maßnahmenpaket verhandelt, das den Abbau von Arbeitsplätzen und flexiblere Arbeitszeiten ermöglicht. Bei einer Einigung will das Unternehmen mehrere Millionen Euro in Herford investieren. Scheitern die Verhandlungen, droht dagegen die Verlagerung weiterer 60 Jobs nach Polen.

»Wir müssen angesichts der anhaltend schlechten Auftragslage im Krankenhausbereich eine zukunftsfähige Lösung schaffen«, erklärten die Geschäftsführer Mathias Holz und Markus Sander gestern. Die Zahl der Krankenhäuser in Deutschland werde nach einer aktuellen Studie des RWI Essen von derzeit mehr als 2200 bis zum Jahr 2010 auf etwa 1900 sinken. Weil zusätzlich die Verweildauer der Patienten im Krankenhaus weiter sinke, werde sich die Anzahl der Krankenhausbetten sogar von 600000 auf 400000 verringern. Im Zuge der Privatisierung und der seit 2003 vorgeschriebenen Abrechnung nach »Fallpauschalen« hätten die Krankhäuser ihre Investitionen drastisch zurückgefahren - Instandsetzen statt Austausch durch neues Mobiliar laute derzeit die Devise.
Die 1899 gegründete Stiegelmeyer GmbH & Co. KG - nach eigenen Angaben mit etwa 50 Prozent Marktanteil in Deutschland der Marktführer bei Krankenhausbetten und -nachttischen - könne sich dieser Entwicklung trotz anerkannt hoher Qualität nicht entziehen. »Neue Produkte und der verstärkte Export reichen nicht aus, die dramatische Entwicklung in Deutschland aufzufangen«, erklärte Markus Sander. Seit September 2004 wurde daher zunächst Kurzarbeit in Herford vereinbart.
Nachdem aber keine Besserung der Lage in Sicht sei, habe die Geschäftsführung nun ein komplexes Maßnahmenpaket zur Zukunftssicherung des Standortes Herford (derzeit 392 Mitarbeiter) vorgeschlagen. Eckpunkte: der Abbau von 63 Arbeitsplätzen durch die aktuelle schwierige Lage und die Zusammenlegung der Produktion im Werk II am Füllenbruch zur Optimierung der Prozesse. Im Unternehmen fallen dabei etwa 24 weitere Arbeitsplätze weg.
»Als Drittes muss jetzt über den Produktionsstandort für Kran-kenhausmobiliar entschieden werden«, betonte Matthias Holz. Um die Kostenlücke im Vergleich mit dem Werk in Polen zu schließen und eine Verlagerung von bis zu 60 weiteren Arbeitsplätzen zu verhindern, schlägt die Geschäftsführung die Einführung der 40-Stunden-Woche und den Abbau von Sonderzahlungen vor.
»Mit Angeboten zur Altersteilzeit und einem Sozialplan wollen wir in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat die Reduzierung der Arbeitsplätze so sozial verträglich wie möglich gestalten«, sagten die Geschäftsführer. Das Unternehmen will den Mitarbeitern den Übergang in eine Beschäftigungsgesellschaft anbieten, in der die betroffenen Mitarbeiter Qualifizierungsmaßnahmen erhalten.
Vorausgesetzt, das Maßnahmenpaket zur Senkung der Lohnkosten werde verabschiedet, will das Unternehmen in Herford weiter investieren. »Unsere Konkurrenten produzieren schon seit Jahren in Osteuropa«, erläuterte Sander. Höhere Qualität und Termintreue seien hingegen Vorteile des Standortes Herford. »Wenn darüber hinaus die Lohnkosten durch 40-Stunden-Woche und Wegfall von Sonderzahlungen sinken, ist das Stammwerk gegenüber unseren Werken in Nordhausen und Stolno/Polen konkurrenzfähig.«
In Nordhausen/Thüringen hat Stiegelmeyer vor zehn Jahren einen neuen Produktionsstandort für die Holzfertigung von Pflegebetten und -nachttischen aufgebaut. Dieser Unternehmensbereich sei wegen des wachsenden Bedarfs in Pflege- und Seniorenheimen gut ausgelastet. In Polen werden die Stahluntergestelle für die Pflegebetten gefertigt.
In den vergangenen Jahren haben Geschäftsführung und Betriebsrat die Folgen des Absatzrückgangs im Krankenhaussektor mit dem Zurückholen von Arbeitsumfängen wie der Nachttischproduktion, Arbeitszeitflexibilisierung und Altersteilzeitverträgen aufgefangen.
»Durch konsequente Überarbeitung der aktuellen Produktreihen und durch neue Produkte ist unser Angebot auf dem neuesten Stand und sehr wettbewerbsfähig«, zeigte sich Sander mit Blick auf die jüngste Messeresonanz überzeugt.

Artikel vom 28.01.2005