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Zum Wolfswald oft vereist

Rollstuhlfahrer Heinrich Meyer beklagt fehlenden Winterdienst

Von Claus Brand (Texte und Foto)
Bad Oeynhausen-Bergkirchen (WB). Heinrich Meyer sitzt im Wintergarten seines Hauses und schüttelt den Kopf. Der 82-jährige ehemalige Postbeamte kann nicht verstehen, warum die Straße, an der er wohnt, nicht vom Winterdienst der Stadt angefahren wird. Beide Beine sind ihm amputiert. Seit acht Jahren sitzt er im Rollstuhl. Im November hat er letztmalig darum gebeten, die steile Straße »Zum Wolfswald« einzubeziehen. Sie sei nicht mehr im Streuplan, habe man ihm damals zur Auskunft gegeben.

Mit seinem und einem anderen Härtefall hat sich der Bau- und Vergabeausschuss in seiner Sitzung am Dienstag befasst. Das Anliegen des ehemaligen Postboten soll an den Behinderten-Beirat verwiesen werden. Wie der Bergkirchener hat auch Heinz Pfannkuch aus Oberbecksen beantragt, den Bekweg im Winter zu räumen.
Für Heinrich Meyer aus Bergkirchen ist sein täglicher Ausflug mit dem Rollstuhl zum WEZ-Markt in Wulferdingsen ein Stück Lebensqualität. »Wenn er sich im Winter auf den Weg macht, habe ich schon manches Mal geschwitzt«, sagt seine 80-jährige Frau Liesbeth. Sie bringt die Kritik des Paares auf den Punkt: »Der Streuwagen fährt von der Straße ÝZum JägerplatzÜ den Finkenburghang bis zum Wanderer-Parkplatz hinauf und rollt dann den gleichen Weg zurück. Da könnte er doch wohl nach links in unsere Straße, Zum Wolfswald, abbiegen.« Dies fordert sie auch vor dem Hintergrund, dass den meisten Autofahrern, die in diese Richtung unterwegs seien, der Finkenburghang ohnehin viel zu steil sei und sie über Zum Wolfswald ausweichen würden.
Ihr Mann verzichte nur ungern auf seinen täglichen Ausflug am späten Vormittag, gerade auch im Winter: »Er war viele Jahre Postbote, den ganzen Tag an der frischen Luft. Wenn er nicht raus kommt, ist er unzufrieden mit sich selbst.« Nach der täglichen Tour sei er viel besser gestimmt. Die rund eineinhalb Kilometer zum WEZ-Markt legt er mit einem elektrischen Rollstuhl zurück. Die Strecke: Zum Wolfswald, Finkenburghang, Wokers Feld, Brinkstraße, Wolfshofstraße und Wolferdingsen.
Das Ehepaar steht nach eigenem Bekunden mit seiner Kritik nicht allein. Elf Häuser stehen an der Straße Zum Wolfswald, rund 40 Menschen seien vom fehlenden Winterdienst betroffen. Liesbeth Meyer: »Viele müssen früh morgens zur Arbeit. Die Kinder müssen zur Schule.« Ein besonderes Problem stellt sich seit ein paar Tagen. In der Nachbarschaft ist eine 90-jährige Frau nach einer Operation im Krankenhaus nach Hause entlassen worden. Zwei Mal am Tag kommt ein Pflegedienst. Auch der habe bei Schnee und Eis mit den Straßenverhältnissen zu kämpfen.
Der Bau- und Vergabeausschuss hat bis auf den Verweis des Antrages von Heinrich Meyer an den Behinderten-Beirat zu den Härtefall-Regelungen keine Entscheidung getroffen. Der Technische Beigeordnete Hartmut Scharbius sagte: »Wir werden das in unsere Überlegungen für ein neues Konzept für die Straßenreinigung und den Winterdienst einbeziehen. Ich glaube aber nicht, dass wir dafür eine Lösung finden.« (siehe gesonderter Bericht oben). Um solche Einzelfälle wie beim Antragsteller Meyer kümmerten sich Bürgermeister und Verwaltung.
»Eine Zustimmung zu Härtefällen würde einen ganzen Rattenschwanz nach sich ziehen«, meinte Gerhard Beckmann (SPD).

Artikel vom 27.01.2005