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Warnung vor
kostenloser
»Kaffeefahrt«

Senioren wird Geldpreis versprochen

Von Dunja Henkenjohann
Werther/Altkreis Halle (WB). Wer freut sich nicht über ein Geschenk von 298 Euro? Erst recht, wenn es obendrauf einen Halbtagesausflug durch »traumhafte Landschaften« gibt. Zahlreiche Senioren im Altkreis haben in den vergangenen Wochen Post von einem Insolvenzunternehmen bekommen, das ihnen diese Versprechungen macht - auch Kurt Haselhorst aus Werther soll ein glücklicher Gewinner sein.

»Ich habe nie an einem Gewinnspiel teilgenommen«, sagt der Rentner, der bei dem Schreiben »Bauernfängerei« wittert. Angeblich hat Haselhorst bei der Firma »MTF-Europazentrale« einen Hauptgewinn in Höhe von 298 Euro abgesahnt. Weil der versprochene Preis nicht übergeben worden sei, soll der Betrag auf ein Guthabenkonto eingezahlt worden sein.
Kurt Haselhorst hat nun den Brief eines Insolvenzverwalters bekommen, der mit der Abwicklung der MTF-Europazentrale beauftragt sein soll. Bei einer Halbtagesfahrt »durch die romantische Heimatlandschaft direkt zur Insolvenzverwaltung« soll der Wertheraner seinen Hauptgewinn gegen Vorlage des Personalausweises abholen können. Obendrauf gibt es laut Anschreiben ein kostenloses Frühstück für den Gewinner und vier Begleitpersonen sowie Geschenke - von der Küchenmaschine für die Dame bis zum 26-teiligen Bistrobesteck für den Herrn.
»Ich kann nur raten, nicht mitzufahren und solche Briefe wegzuschmeißen«, betont Werthers »Dorfsheriff« Peter van Hoorn, der bereits von mehreren Senioren im Altkreis gehört hat, denen die 298 Euro versprochen wurden. Seine Kollegen in Gießen haben eine solche »Kaffeefahrt« in einer Gaststätte in Schalkalden (Hessen) Mitte November sogar mit Hilfe des Ordnungsamtes aufgelöst, weil ein Verstoß gegen die Gewerbeordnung vorlag. Ein eingeleitetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft verlief allerdings im Sande.
»Es ist sehr schwierig, an die Hintermänner heranzukommen«, sagte ein Sprecher dem WESTFALEN-BLATT. In der Regel handle es sich um Briefkastenfirmen, bei denen sämtliche Namen gefälscht seien. Die Verkäufer oder Busfahrer vor Ort geben laut Staatsanwaltschaft in der Regel nur an, dass sie »angeheuert« worden seien und von nichts wüssten.
Grundsätzlich rät die Staatsanwaltschaft - genau wie die Verbraucherzentralen - bei solchen »Kaffeefahrten« nichts zu kaufen und keine Verträge zu unterschreiben. Häufig sei die angebotene Ware teurer und minderwertiger als im Fachhandel.
Kurt Haselhorst hat das verheißungsvolle Schreiben inzwischen entsorgt. Er denkt gar nicht daran, sich bei der »Buchungszentrale VBB«, die angeblich ihren Sitz in Lindern hat, zur Sonderfahrt anzumelden. »Auf so etwas falle ich nicht rein«, sagt er und verzichtet gerne auf 298 Euro und eine Reise nach Unbekannt.

Artikel vom 27.01.2005