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»Hoyzer war nicht in der Kabine«

Schatten auf Paderborner Pokal-Triumphen - Schiri-Obmann Drotleff schockiert

Von Matthias Reichstein (Texte),
Mario Berger und
Stefan Hörttrich (Fotos)
Paderborn (WV). Dass der Hamburger SV und besonders Ex-Trainer Klaus Toppmöller verbittert sind, können die Verantwortlichen des SC Paderborn 07 zwar verstehen, die Reaktionen aber nur zum Teil. »Der Schiri hat nicht das Spiel entschieden. Wir waren die bessere Mannschaft«, betont SCP-Trainer Pavel Dotchev.

Der Bulgare befürchtet, dass durch den Bundesliga-Skandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer (Berlin) ein großer Schatten auf die tollen Pokal-Triumphe (4:2 gegen Hamburger SV, 2:1 gegen MSV Duisburg, 3:6 n.E. gegen SC Freiburg) fällt: »Die Mannschaft hat großen Fußball gezeigt. Das darf durch diesen Skandal nicht zerredet werden.«
Bereits zwei Tage nach dem Sensationssieg des Drittligisten hatte es erste Spekulationen um Hoyzers Auftritt im Hermann Löns-Stadion gegeben. Die »Hamburger Morgenpost« berichtete damals, dass der Referee in der Halbzeit des Pokalspiels plötzlich in der Kabine des SC Paderborn 07 aufgetaucht sei. »Spielt ihr mal so weiter - den Rest erledige ich schon«, soll der 25-Jährige gesagt haben. »Erstens war Hoyzer nie bei uns in der Kabine, zweitens kann man den Satz, wenn er denn so überhaupt irgendwo gefallen ist, auch ganz anders interpretieren. So nach dem Motto, spielt ihr euer Spiel und ich mache meinen Job«, sagt Dotchev.
René Müller, der den 2:2-Ausgleich erzielt hatte, erinnert sich: »Ich habe genau neben der Kabinentür gesessen. Wenn da einer reingekommen wäre, hätte ich es ja merken müssen. Und es war kein Schiri bei uns in der Kabine.«
Im August 2004 gab's gegen Hoyzer allerdings noch keinen Betrugsverdacht, die »Morgenpost« spekulierte in eine ganz andere Richtung. Der Unparteiische soll angeblich Rache genommen haben, weil er im Bundesliga-Auftaktspiel zwischen dem HSV und dem FC Bayern München als vierter Schiri mehrmals mit HSV-Coach Klaus Toppmöller aneinander gerasselt war.
Der Sportliche Leiter Günther Rybarczyk, Geschäftsführer Michael Born und Trainer Pavel Dotchev sind sich auch einig, dass ein Schiri nur sehr eingeschränkt Spiele beeinflussen kann. »Was hat Hoyzer damit zu tun, wenn René Müller das Kopfballduell gegen Jarolim gewinnt und das 2:2 erzielt? Was hat Hoyzer damit zu tun, wenn von Buyten gegen Alexander Löbe den Ball vertändelt und Daniel Cartus danach das 3:2 erzielt?« Fragen, die Born stellt und für sich längst beantwortet hat: »Bei diesen Toren ist nichts gemauschelt worden, die waren alle korrekt.«
Zweifelhaft war sicher der Elfmeterpfiff acht Minuten vor dem Ende. Das Foul von Reinhardt an Löbe musste man nicht pfeifen, das gibt auch Born zu, doch der sagt auch: »Zu diesem Zeitpunkt war die Partie schon längst entschieden.«
Trauer, Wut, Enttäuschung - der »Fall Hoyzer« hat natürlich auch die Schiedsrichter im Kreis Paderborn tief betroffen: »Die üble Geschichte hat die Aufbauarbeit von fünf Jahren kaputt gemacht«, sagte Schiedsrichter-Obmann Erich Drotleff. Der glaubt, dass gerade die Basis in den kommenden Monaten besonders unter dem neuen Bundesliga-Skandal zu leiden hat: »Bis zur Kreisliga C wird bei jeder strittigen Entscheidung der entsprechende Kommentar vom Spielfeldrand kommen«, befürchtet Drotleff.
Die Schiedsrichter in Deutschland sieht Erich Drotleff vor einem »Scherbenhaufen«, für den SCP 07 befürchtet auch Vize-Präsident Martin Hornberger Konsequenzen: »Wir sind schuldlos in einen Bundesliga-Skandal verwickelt. Ich bin mal gespannt, wie unsere Sponsoren oder künftigen Geldgeber reagieren.«
Sollte es Einbußen geben, erwägt auch der SC Paderborn 07, juristisch gegen Robert Hoyzer vorzugehen.

Artikel vom 24.01.2005