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Dank DNA-Analyse Tätern auf der Spur

Handschellen schnappten auch in Versmold nach Treffer in der zentralen Datei zu

Von Oliver Horst
Versmold (WB). DNA - diese drei Buchstaben sind seit der Blitz-Festnahme des Mörders von Rudolph Moshammer Samstag vor einer Woche in aller Munde. Für die Kriminalbeamten der Versmolder Wache besitzt der »genetische Fingerabdruck« längst große Bedeutung. Die Sicherung von DNA-Spuren an Tatorten ist genauso selbstverständlich wie die Suche nach Fingerabdrücken und anderen Hinweisen auf den Täter. Auch kommt es immer wieder zur Entnahme von Speichelproben bei Straftätern, die in die zentrale DNA-Datei (DAD) aufgenommen werden sollen.

Weil der Abgleich von Gen-Daten in der DAD einen Treffer geliefert hatte, schnappten ÊHandschnellen am 15. Juli 2004 auch in Versmold zu: Ein Schaustellergehilfe (42) wurde während der Arbeit auf einem Hof an der Kämpenstraße festgenommen, weil er 1983 in München einen Sexualmord begangen hatte. Vier weitere Fälle im Kreis Gütersloh nennt Polizei-Pressesprecherin Corinna Koptik auf Anfrage des VERSMOLDER ANZEIGERS, in denen die DNAAnalyse die Spur zum Täter wies: Zwei Vergewaltigungen in Gütersloh konnten dank des genetischen Fingerabdrucks aufgeklärt werden. Bei einem Sprengstoffanschlag 1997 in einem Borgholzhausener Asylbewerberheim ließ sich auf diese Weise feststellen, welcher der zwei Tatverdächtigen die Handgranate gezündet hatte. Auch im Mordfall der elfjährigen Jennifer aus Peckeloh, die im Januar 1998 von ihrem Onkel missbraucht und ermordet worden war, trug der genetische Fingerabdruck zur Aufklärung bei.
Bei jedem schwerwiegenden Delikt zähle die Sicherung von DNA-Material -Êetwa an Zigarettenstummeln oder Taschentüchern -Êzu den Aufgaben der Spurenteams. Die Aufnahme aller Spuren an einem Tatort kann von wenigen Stunden bis zu mehreren Tagen dauern, berichtet Versmolds Kripo-Leiter Achim Milde. Die detaillierte Dokumentation über die Situation am Tatort, die gerichtsfest sein muss, erfordere von den Beamten dabei akribisches Vorgehen. Um nicht selbst Spuren zu legen, tragen die Beamten weiße Schutzoveralls mit Kapuzen.
Nicht nur für die Aufnahme von Straftätern und Verdächtigen in die zentrale DNA-Kartei, auch für die genetische Auswertung von Beweismitteln muss ein richterlicher Beschluss vorliegen. Den beantragt zumeist die Staatsanwaltschaft, in eiligen Fällen aber auch die Polizei direkt beim zuständigen Ermittlungsrichter. Im Altkreis Halle landen diese Akten auch auf dem Tisch des Haller Amtsrichters Peeter-Wilhelm Pöld. »Wenn es um die Analyse von Beweismitteln geht, sehe ich eigentlich grundsätzlich keine Gründe, die gegen eine DNA-Untersuchung sprechen«, sagt Pöld. Durchschnittlich zwei Mal im Monat lägen ihm entsprechende Anträge vor. Etwas anders gelagert sei die Beurteilung bei der Aufnahme von Personen in die DNA-Datei. »Es muss vom Täter eine Wiederholungsgefahr ausgehen. Zudem muss mindestens ein schwerer Diebstahl vorliegen.« Bei einem Ersttäter sei dies in der Regel noch nicht gegeben. »Es findet im Verfahren eine Anhörung der Person statt, deren DNA-Daten in die Datei aufgenommen werden sollen. Viele Straftäter wehren sich gegen die Aufnahme«, sagt Pöld. In den zurückliegenden zehn Jahren seien zwei von ihm ausgesprochene Anordnungen auf Aufnahme in die DAD in höheren Instanzen aufgehoben worden.
In Polizei-Kreisen gibt es die klare Forderung, den genetischen Fingerabdruck zum Standard der erkennungsdienstlichen Behandlung eines Beschuldigten oder überführten Straftäters zu machen. Bislang zählen die »klassischen« Aspekte wie Fingerabdruck, Foto und Personenbeschreibung dazu. Mit dem Q-Tip auch einen Speichelabstrich vornehmen zu dürfen, fordern Beamte. Dies würde einen Bruchteil der Straftäter treffen: Im Kreis Gütersloh wurde in den zurückliegenden Jahren nur durchschnittlich jeder achte Straftäter erkennungsdienstlich behandelt. Befürchtungen, dass sich aus den DNA-Daten Rückschlüsse etwa auf (Erb-)Krankheiten ziehen lassen, weisen Experten zurück. Es werde nur »funktionsloses« Erbgut verwendet -Êund das anonymisiert.

Artikel vom 22.01.2005