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Arbeitsgericht zieht seine Jahresbilanz

Bessere Behandlung von Leistungsträgern - Mehr Aufwand für Richter festzustellen

Bielefeld (uko). Das Arbeitsgericht Bielefeld steht vor neuen Richtlinien: Waren bei betriebsbedingten Kündigungen bisher lediglich soziale Erwägungen maßgeblich, so müssen die Arbeitsrichter dieser sozialen Auswahl nun eine »Leistungsträgerregelung« gleichstellen.

Insgesamt ist die Zahl der Verfahren am Arbeitsgericht Bielefeld, das für die kreisfreie Stadt Bielefeld und den Kreis Gütersloh zuständig ist, im Jahr 2004 wieder angestiegen, erklärte Arbeitsgerichts-Direktor Walter Klingebiel. 4642 neuen Verfahren standen in 2003 nur 4421 Sachen gegenüber. Zwar seien nun sechs Kammern mit ebenso viel Berufsrichtern und 120 Laienrichtern am Arbeitsgericht tätig, doch seien auch die Streitgegenstände komplexer geworden. In mehr als ein Viertel aller Verfahren werde gleichzeitig über Vergütung und Schadensersatz gestritten. Klingebiel: »Der Aufwand ist höher geworden.«
Mit einem streitigen Urteil endeten 2004 nur zehn Prozent aller Verfahren, denn vielen Arbeitnehmern gehe es mehr denn je um die Erhaltung ihres Arbeitsplatzes. Geldwerte Abfindungen spielten eine eher untergeordnete Rolle. Immerhin 55 Prozent aller Sachen wurden indes durch einen Vergleich erledigt. Überhaupt sei »der Vergleich immer noch die beste aller Lösungen«, sagte der Chef des Arbeitsgerichtes.
Die Schwerpunkte lagen im Kündigungsschutz (65 Prozent), bei den Vergütungen (26 Prozent) und bei sonstigen Forderungen wie Schadensersatz (neun Prozent). Die Dauer der Prozesse lag bei kritischen Verfahren bei mehr als sechs Monaten. Klingebiel bezeichnete diese Wartefrist für die Parteien als »unbefriedigend«.
Stand bisher eine betriebsbedingte Kündigung an, so richtete sich die soziale Auswahl nach Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und gegebenenfalls einer Schwerbehinderung. Spielraum genossen die Richter bei der Gewichtung der vier Komponenten, denn »der gerechte Ausgleich ist ein riesiges Problem«, sagte Klingebiel. Seit Beginn 2004 hat der Gesetzgeber diesem Katalog die »Leistungsträgerregelung« gleichgesetzt. Von Arbeitgebern können Leistungskriterien wie Unentbehrlichkeit oder Kenntnisse eines Arbeitnehmers zum Nutzen des Betriebes erwogen werden. Damit könne ein junger, leistungsfähigerer Arbeitnehmer einem älteren, unflexibleren Kollegen auch einmal vorgezogen werden. Allerdings, so schränkte Walter Klingebiel ein, liegen höchstrichterliche Entscheidungen dazu noch nicht vor.

Artikel vom 22.01.2005