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Das Wort zum Sonntag

Von Diakon Bringfried Schubert


Im Evangelium des 3. Sonntag im Jahreskreis redet Jesus seine ersten Jünger mit einem einzigen Satz an (Mt. 4,19): »Ich werde euch zu Menschenfischern machen.« Was ist damit gemeint? Der heutige Mensch legt Wert auf geistige Mündigkeit und Freiheit. So kann einer schon misstrauisch aufhorchen und ein Unbehagen spüren, wenn er dieses Wort hört, mit dem Jesus die Fischer vom See Genezareth in seine Nachfolge rief. Ehrlicherweise müssen wir zugeben, dass solche Befürchtungen einigen Grund haben: Machthunger ist eine allgemein menschliche Versuchung. Die Inhaber kirchlicher Ämter - Päpste, Bischöfe, Pfarrer, Ordensobere - sie sind und bleiben Menschen und unterliegen auch manchmal dem Zauber der Machtausübung. Die Kirchengeschichte - gerade im Mittelalter und in der frühen Neuzeit - bietet Beispiele, einer der Gründe für die Reformation, die nicht von ungefähr kam.
Doch dem Geist und der Absicht Jesu ist Machthunger völlig fremd und zuwider. Nichts liegt ihm ferner, als den Menschen unfrei zu machen, er will ihn vielmehr in die größere Freiheit hinein erlösen. Und das hat er auch seinen Jüngern und seiner Kirche als Aufgabe gestellt.
Warum hat Jesus wohl diese Fischer berufen und beauftragt? Etwa weil sie sich besonders aufs »Einfangen« verstanden? An Fischen eingeübt und dann auf die Menschen losgelassen? Ein unsinniger Gedanke! Vielmehr, weil sie an harte Arbeit und ein anspruchsloses Leben gewöhnt waren, an schweren Sturm und Seegang, an Misserfolge, aber auch an brüderliches Zusammenwirken. Jesus wollte ihnen sagen: Männer wie ihr sind doch eigentlich zu schade, um sich lebenslang mit Kahn und Netzen und Fischen zu befassen - was ja nicht heißt, dass er etwas gegen diesen Beruf hatte. Er meinte jedenfalls, dass die, die er da angesprochen hatte, sich lieber um die Menschen kümmern sollten, wie er es tat.
Verstehen wir es richtig: Nicht ums Einfangen geht es - bisher Fische, in Zukunft Menschen -, sondern um den Übergang vom Geringeren zum Größeren, um die Hinwendung zum Menschen. Denn das Reich Gottes bricht an. Da muss man umdenken und sich umstellen. Fische fangen und vermarkten können schließlich auch andere. Aber worum es geht, das ist: den Menschen die Frohbotschaft zu bringen, sie zu gewinnen und aufzuschließen für das Heil, das neue Leben in Gott. Jesus gibt seinen Jüngern - und uns - zu verstehen: Ich befasse mich mit den Menschen, mit den leiblich und geistig Blinden, Lahmen, Aussätzigen, Besessenen. Denkt um und glaubt an die Frohbotschaft und verhelft auch den anderen zum Umdenken und zum Glauben an das Reich Gottes!
Wer das zu Ende denkt, der kann wohl betroffen werden. So betroffen, dass er sein Leben völlig umstellt. Dass er Kahn und Netz und Fische anderen überlässt, um sich mit Jesus unmittelbar und hauptsächlich um den Menschen zu kümmern.
Vielleicht überlegt jeder von uns einmal, wo und wann er sich intensiver den Mitmenschen, denen, die seine Hilfe brauchen, zuwenden kann. Einen frohen Sonntag und eine gute Woche wünscht Ihr Bringfried Schubert.

Artikel vom 22.01.2005