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Die IG Metall wirft Wincor Nixdorf Erpressung vor

Neue Zeitarbeitsfirma ein »Versuch der Tarifflucht«

Von Hubertus Hartmann
Kreis Paderborn (WV). Die IG Metall richtet schwere Vorwürfe an die Adresse der Wincor Nixdorf AG. »Die Vorgehensweise der Unternehmens ist sehr befremdlich und hat schon fast erpresserischen Charakter«.

Das sagte der neue NRW Bezirksleiter und Verhandlungsführer für Nordrhein-Westfalen, Detlef Wetzel, gestern beim Arbeitnehmerempfang der Gewerkschaft in Schloß Neuhaus.
Wincor Nixdorf verlangt - wie am Freitag berichtet - von seinen rund 3000 Beschäftigten in Deutschland, ohne Lohnausgleich wieder 40 statt 35 Wochenstunden zu arbeiten. Man müsse in guten Zeiten handeln und nicht erst, wenn es schlecht laufe, nannte Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Stiller als Begründung. Gleichzeitig hat das börsennotierte Unternehmen eine eigene Zeitarbeitsfirma gegründet, um künftig neue Mitarbeiter zu günstigeren Tarifen beschäftigen und bei Bedarf ausleihen zu können.
Eine derart rüde Vorgehensweise sei landesweit ziemlich einmalig, kritisiert Wetzel. Dass jemand mit so harten Bandagen kämpfe wie Stiller habe er bei einem weltweit tätigen Unternehmen noch nicht erlebt.
Nach einem ersten Sondierungsgespräch zwischen Stiller und Gewerkschaftsvertreter Franz Tölle, ehemals Betriebsratsvorsitzender bei Siemens Nixdorf (SNI), erklärte der Paderborner Bevollmächtigte Volker Kotnig: »So kann es keine Lösung geben«. Verhandlungen seien nur auf der Grundlage einer umfassenden Prüfung möglich, vor allem müssten Leistung und Gegenleistung stimmen. Die IG Metall werde »Trittbrettfahrern, die nur auf den fahrenden Zug aufspringen wollen, nicht die Tür aufmachen«. Schließlich habe Wincor Nixdorf hervorragende Erträge erzielt.
Kotnig fordert deshalb Alternativen zu Personalkosten-Einsparungen. Jeden Versuch, mit Billiglösungen die Zukunft zu sichern, statt innovative Lösungen zu finden, sei ein Weg in die Sackgasse. »Wir glauben nicht, dass das Heil der deutschen Wirtschaft in solchen Billigstrategien liegen kann«, unterstreicht Detlef Wetzel. Neben Wincor Nixdorf streben auch andere Firmen wie Benteler Automobiltechnik oder Hella Werkzeugbau die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche an.
Die IG Metall ist mit 11 500 Mitgliedern. die stärkste Arbeitnehmervertretung im Hochstift. Sie vertritt in den Kreisen Höxter und Paderborn 32 000 Beschäftigte in 87 Betrieben. Erstmals nach acht Jahren konnte 2004 der Mitgliederschwund gestoppt werden.

Artikel vom 22.01.2005