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Vorbereitung auf den Traumjob

Für Musical-Bewerberin Steffi Rosenbohm steht der Berufswunsch längst fest

Von Sonja Gruhn
Lübbecke/Espelkamp (WB). Eine junge Frau, die weiß, was sie will, ist Steffi Rosenbohm. Ihr Berufswunsch: Musicaldarstellerin. Die 18-Jährige hat sich um eine Rolle beim Musicalcasting in der Tanzschule »alte post« in Lübbecke beworben (s. LK vom 17. Januar) und wartet jetzt gespannt, ob es geklappt hat. Doch nicht erst durch das Casting entstand der außergewöhnliche Berufswunsch.
Steffi Rosenbohm weiß, was sie will. Die Aufnahmeprüfung für die »Stage school« in Hamburg 2002 bestand die 18-Jährige auf Anhieb. Dennoch will sie jetzt erstmal ihr Abitur machen. Foto: Sonja Gruhn
»Ich singe eigentlich, seit meinem vierten Lebensjahr.« Aus eigenem Antrieb wollte Steffi in den Kinder- und später in den Jugendchor der Musikschule Espelkamp. »Mit sechs Jahren habe ich angefangen Geige zu spielen, so etwa zehn Jahre lang«, erzählt die gebürtige Gestringerin. Seit einem Jahr sei das Klavier an der Reihe. Bereits seit fünf Jahren nimmt Steffi zurzeit zweimal in der Woche Gesangsunterricht. Momentan steht die Oper auf dem Programm. Zur Ausbildung gehören neben dem klassischen Gesang auch Jazz, Popsongs und Musicals.
Freund Matthias aus Herford unterstützt Steffis Wunsch. »Manchmal murrt er zwar, wenn ich keine Zeit habe, aber wir üben oft zusammen. Er spielt unter anderem sehr gut Klavier.« Gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem Bruder wohnt Steffi inzwischen in Frotheim. Sie besucht die Gesamtschule Hille und gibt gelegentlich Nachhilfe in Deutsch. In der Schulband sang sie als Frontsängerin und spielte aushilfsweise E-Bass. »In Musicals bin ich schon immer gerne gegangen, so etwa seit ich zehn Jahre alt war. Mit 14 stand mein Entschluss dann fest: Ich möchte Musicals singen.« Davon war Papa Dieter zwar gar nicht so begeistert, doch seine Tochter unterstützt er trotzdem bei ihrem Vorhaben. Schließlich lässt sich nicht verleugnen, dass Steffi eine sehr schöne Sopranstimme hat. »Meine Mutter Ruth ist voll und ganz dabei und meine beste Kritikerin. Wenn ihr mein Gesang wirklich gefallen hat, sehe ich ihr das sofort an. Dann hat sie Tränen in den Augen.« Für den Auftritt in einem Musical reicht eine schöne Stimme allein jedoch nicht aus. Neben schauspielerischen Qualitäten wird sehr viel Wert auf den Tanz gelegt. Aber auch hier ist Steffi bereits bestens gerüstet: 14 Jahre lang Ballettunterricht in der Schule Bloch und seit einem halben Jahr den Übungsleiterschein für Gymnastik und Tanz in der Tasche sowie eine eigene Hip-Hop Gruppe beim VFL Frotheim.
Sport ist Steffis Steckenpferd, und so wählte sie den Sportleistungskurs mit sechs Stunden Sport pro Woche zusätzlich. »Ich bin quasi in der Turnhalle aufgewachsen, da meine Mutter früher Kursleiterin war. Ich wollte nicht still dabei sitzen und durfte mitmachen.« Bereits im Frühjahr 2002 bewarb sie sich an der Stage school in Hamburg und schaffte die Aufnahmeprüfung. Das Geld für den einwöchigen Intensivworkshop hatte sie zur Konfirmation bekommen. Doch mit der Idee, nach der zehnten Klasse abzugehen und mit 16 Jahren nach Hamburg zu ziehen, waren Steffis Eltern nicht einverstanden. »Während der einen Woche haben wir quasi ein eigenes Musical aus anderen zusammengestellt. Es war anstrengend, aber man hat sehr viel dabei gelernt.« Jetzt ist Steffi in der zwölften Klasse und will erst ihr Abitur machen. Zwar muss sie die Aufnahmeprüfung dann erneut bestehen, aber sie ist überzeugt: »Nächstes Jahr wird es erst recht klappen, ich bleibe ja in Übung. Aufgenommen werden die besten Schüler der Gruppe. Es geht auch danach, wieviel Engagement man zeigt und ob man schnell gut lernen kann, ähnlich wie beim Casting in der »alten post«. Potenzial und Grundkenntnisse müssen vorhanden sein. Aber am wichtigsten ist es, mit Körper und Geist voll dabei zu sein und es schaffen zu wollen.« Singen, Tanzen und Schauspiel sind nur Oberbegriffe in der Ausbildung. Fechten Bühnenkampf, Sprecherziehung und Kameraacting für die, die später auch vor die Kamera wollen, gehören ebenso dazu. Grundvoraussetzungen sind ein Mindestalter von 16 Jahren und der Realschulabschluss.
Trotz ihrer Erfahrungen ist die selbstbewusste junge Frau vor Castings »tierisch nervös«. »Ich bekomme Magenkrämpfe und unmittelbar vor dem Singen einen ganz trockenen Mund.« Dann erlebt Freund Matthias seine Steffi auch mal »zickig«. In ihren vollen Terminplan passt sogar noch eine Kinder-DLRG-Gruppe, die sie leitet und ihr eigenes Training nebst Rettungsdiensten. Und trotz allem ist sie auf dem Teppich geblieben. So gebe es für Steffi auch Alternativen, sollte es mit dem Traum vom »Musicalstar« nicht klappen. Als sie 2000 krankheitsbedingt ein ganzes Jahr lang pausieren musste und nicht tanzen durfte, wurde ihr deutlich, wie schnell es mit der Karriere vorbei sein kann. »In diesem Fall würde ich gerne eine Ausbildung als Physio- oder Gesangstherapeutin machen.«

Artikel vom 22.01.2005