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Durchdachte
Interpretation

Haselböck und Wallisch gefeiert

Von Ruth Matthes (Text)
und Oliver Schwabe (Foto)
Herford (HK). Hochherrschaftlich ging es am Freitagabend beim Sinfoniekonzert im Schützenhof zu. Die Zuschauer begleiteten die NWD-Philharmonie zu Haydns Musik auf eine fürstliche Jagdgesellschaft und besuchten mit Mendelssohn den finstren Holyrood Palast, in dem einst Maria Stuart lebte und liebte. Geleitet wurden sie dabei höchst erfolgreich von Hoforganist Martin Haselböck.

Der Wiener Musiker, ein ausgewiesener Experte für die Epoche der Klassik, hatte mit den Philharmonikern konzentriert gearbeitet, wie man nicht nur den beiden klassischen Kompositionen, der Jagd-Sinfonie von Haydn und dem Klavierkonzert C-Dur KV 467 von Mozart, anmerkte. Auch die abschließende »Schottische Sinfonie« von Mendelssohn war durchdacht gestaltet.
Nach einem etwas mulmigen Auftakt der langsamen Einleitung hatten sich die Musiker schnell gefunden und lieferten eine Haydn-Sinfonie ab, die jede dynamische Nuance auslotete, deutlich akzentuiert war und auch die Wiederholungen nie langweilig werden ließ. Dabei legte Haselböck viel Wert auf Prägnanz und Akkuratesse. Am lebendigsten wirkte der letzte Satz, der Namensgeber der Sinfonie. Ihm liegt die Einleitung zum dritten Akt der Haydn-Oper »La Fedeltà« zugrunde, der im Hain der Jagdgöttin Diana spielt. So hatten die Hörner hier natürlich ihren großen Einsatz. Ihr Jagdruf erfüllte problemlos den gut besetzten Saal. Das Orchester konnte hier seinem Temperament freieren Lauf lassen als zuvor und startete zu einem rasanten Ritt über Stock und Stein.
Auf diese präzise akzentuierte Haydn-Sinfonie, die in der Gestaltung von Haselböck noch vom Klangbild des Barock beeinflusst zu sein schien, ließ das Orchester ein Klavierkonzert folgen, das die Leichtigkeit und Gesanglichkeit Mozarts herausstellte, dabei aber nicht minder durchdacht war. Solist Gottlieb Wallisch begeisterte das Publikum mit brillanter Technik. Seine Läufe perlten nur so dahin, mit Lockerheit und Eleganz meisterte er die Partie, der er in der Kadenz auch etwas markantere, ernstere Töne entlockte. Ein Mann eigenwilliger Interpretationen oder ausgefallener Phrasierungen ist er jedoch nicht.
Mitreißend gelangen Solist und Orchester das weit schwingende Andante, spritzig das Finale. Die Zuhörer waren entsprechend euphorisch, so dass Wallisch ihnen noch eine Rachmaninow-Zugabe servierte.
Die »Schottische« erschien an diesem Abend wie der Zielpunk des Konzertes, war die Musik doch im Laufe des Konzertes immer persönlicher und stimmungsvoller geworden. Entsprechend emotional war die Gestaltung des ersten Satzes, dessen Anfang Mendelssohn gleich nach seinem Besuch auf Holyrood niederschrieb. Dem Orchester gelang es ausgezeichnet, sowohl das Archaisch-Gewaltige als auch das Mysteriöse dieses Ortes hörbar werden zu lassen. Wie bereits Mendelssohn, so fügte auch Haselböck die vier Sätze ohne Pause aneinander, und präsentierte so ein großes Tongemälde mit Sturmesbrausen, pastoralen, folkloristischen, kämpferischen und feierlichen Facetten.

Artikel vom 24.01.2005