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Von Militärstreife erwischt

Erinnerungen von Walfried Wankelmann

Niedermehnen (WB). Walfried Wankelmann aus Niedermehnen hat interessante Begebenheiten aus seiner Jugendzeit aufgeschrieben. In loser Folge veröffentlicht die STEMWEDER ZEITUNG Beiträge aus seinen Aufzeichnungen.
Rentner Wankelmann (76), der früher einen landwirtschaftlichen Betrieb führte, ist begeisterter Hobby-Autor. »Inspiriert wurde ich durch Günter Grube aus Drohne«, erzählt der Niedermehner. »Unser Gemeindeheimatpfleger ermuntert alle Stemweder, die Freude am Schreiben haben, ihre Erinnerungen für nachfolgende Generationen aufzuzeichnen.«
In seinem ersten Beitrag beschreibt Walfried Wankelmann einen »Holskenball anno 1945«:
»Auf dem Lande hielten sich kurz nach Kriegsende neben den vielen Evakuierten aus den Städten auch viele heimatlose Soldaten auf, die hier Unterschlupf gefunden hatten. Außerdem kehrten die ersten Soldaten zurück. In der Heimat und auf den Dörfern wurde es langsam wieder lebendig.
Sportvereine wurden neu gegründet und die so genannten Holskenbälle erfreuten sich zunehmender Beliebtheit. Ich war damals gerade 16 Jahre alt und hatte ein Akkordeon. Aus diesem Grund wurde ich häufig zum Musizieren zu diesen Festen eingeladen.
Die Polizei durfte davon jedoch nichts mitbekommen, denn damals waren größere Menschenansammlungen durch die Militärregierung verboten. Außerdem war ab 23 Uhr Sperrstunde, das bedeutete, dass sich dann niemand mehr auf der Straße aufhalten durfte. So mancher Holskenball wurde deshalb frühzeitig von der Polizei aufgelöst.
So ergab es sich, dass ich eines Tages weit nach 23 Uhr mit einem Freund per Fahrrad die Heimfahrt angetreten hatte. Das Akkordeon hatte ich vorsichtshalber am Veranstaltungsort gelassen. Wir befanden uns gerade auf dem alten Postweg, der heutigen L 770, als wir in der Ferne einen Lichtkegel sahen. Uns war klar, dass es sich hierbei nur um eine Militärstreife handeln konnte, so dass wir sofort Deckung in einem Runkelfeld suchten.
Wir hatten jedoch vergessen, unsere Fahrräder zu verstecken, so dass der Jeep anhielt und mit dem Suchscheinwerfer die Umgebung ableuchtete. Wir wurden natürlich schnell entdeckt und zwei Mann mit Maschinenpistolen forderten uns auf, mit ihnen zu kommen.
Wir wurden daraufhin nach Lübbecke zur örtlichen Kommandantur gebracht und anschließend von einem Offizier verhört und eingesperrt. Am nächsten Morgen mussten wir zur Strafe Kartoffeln schälen, wurden dann aber gegen Mittag wieder nach Niedermehnen gebracht.
Unsere Eltern waren natürlich in großer Aufregung, da niemand wusste, wo wir waren. Für uns hatte die Angelegenheit kein weiteres Nachspiel, wir haben nur eine Nacht voller Angst und Ungewissheit verbracht.

Artikel vom 22.01.2005