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Frenetischer Beifall für Solistin

Drittes Sinfoniekonzert der Philharmoniker im Theater im Park

Bad Oeynhausen (WB). Unter Leitung des Gastdirigenten Pedro Halffter gastierte das Philharmonische Orchester der Stadt Bielefeld mit Werken von Eugène d'Albert (1864- 1932) und Peter Tschaikowsky (1840-1893) im dritten Sinfoniekonzert der laufenden Saison im Theater im Park. Solistin des Abends war die japanische Pianistin Yu Kosuge.

So gut besucht wie an diesem Abend waren die Sinfoniekonzerte der Bielefelder schon seit Jahren nicht mehr. Lag es am Tschaikowsky oder vielleicht am Gastdirigenten? Das übergroße einsätzige Klavierkonzert Nr. 1 h-Moll op. 2 von Eugène d'Albert eröffnete den Abend. Die 20-jährige japanische Pianistin lieferte eine große pianistische Leistung.
Am 26. Februar 1822 spielte der damals 18-jährige Komponist sein eigenes Werk unter Leitung des berühmten Dirigenten Hans Richter erstmals in Wien und erntete frenetischen Beifall. Nahezu 200 Jahre danach gelang dies auch der Solistin in Bad Oeynhausen.
Das Werk ist technisch ungeheuer schwer zu spielen. Dies aber macht die Komposition noch lange nicht zu einem großen Werk der Musikliteratur. Sehr schöne elegische Dialoge zwischen Orchester und Solisten lassen das Vorbild des a-Moll-Konzertes von Robert Schumann erahnen. Die herandonnernden parallelen Oktav-Wogen zeigen deutlich das Vorbild des Lisztschen A-Dur-Konzertes, in dessen Weimarer Klasse der junge d'Albert als Vorzeigeschüler ab Frühsommer 1822 ein und aus ging. So wie Liszt mit seinem Paradepferd-Konzert A-Dur niemals auch nur annähernd die poetische Tiefe und pianistische Klasse der Konzerte e-Moll und f-Moll von Frederic Chopin erreicht, so bleibt das d'Albert-Konzert trotz vieler schöner Einzelpassagen Lichtjahre hinter den Rachmaninov-Konzerten Nr. 2 und 3 zurück. Diese Konzerte nehmen in ihrer Konzeption und Strukturierung trotz exorbitanter technischer Schwierigkeit den Zuhörer mit und tragen ihn wirklichen musikalischen Höhepunkten Satz für Satz entgegen.
Die Pianistin spielte jedenfalls das d'Albert-Konzert atemberaubend gut. Die herandonnernden Oktavparallelen waren von großer Präzision und Kraft. Eng geführte rasend schnelle Skalen und Akkordrepetitionen brachten in ihrer Brechung und Umkehrung die Tastatur nahezu zum Explodieren. Aber nicht nur über unglaubliche Kraft verfügte diese zierliche japanische Dame. Ihr Pianissimo in den beidhändigen Trillerpassagen war unbeschreibbar leise und präzise. Man darf gespannt sein, wie sie wohl Mozart und Schubert spielen wird. Mit dem hingehauchten Cis-Moll-Nocturne aus dem posthumen Nachlass von Frederic Chopin verabschiedete sich die Pianistin von ihrem mit recht begeisterten Publikum.
Nach der Pause lieferte der Dirigent Pedro Halffter mit den Bielefeldern eine hinreißende Interpretation der 6. Sinfonie h-Moll, der »Pathétique« von Peter Tschaikowsky. Zwar stimmte in den überstürzten Triolen des etwas zu schnellen, rhythmisch sehr schwierigen dritten Satzes, »Allegro molto vivace«, anfangs wenig - aber straffe Punktierungen verliehen dem etwas zu flotten Tempo allmählich guten Halt. Das Orchester arbeitete dann, warmgeworden, wie aus einem Guss.
Hervorragend war der dunkelrot glühende Klang der Streicher im letzten Satz. So wird erkennbar, dass die hervorragend gut komponierte sinfonische Musik des 19. Jahrhunderts wie Tschaikowsky, Mendelssohn oder Dvorak ungebrochen volle Musiksäle garantiert. Das Publikum dankte mit lang anhaltendem Beifall.Michael IHLEFELD

Artikel vom 15.01.2005