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Sonette werben
um Henriette

Glänzende Molière-Inszenierung

Von Manfred Stienecke
Paderborn (WV). Mit soviel Jubel ist in Paderborn selten eine Theateraufführung bedacht worden: Nach der Premiere der Molière-Komödie »Die gelehrten Frauen« wurden Regisseur und Ensemble mit tosendem Applaus und Begeisterungsrufen von der Bühne verabschiedet.

Ein wirklich »starkes Stück«, das der Leiter des Hochschultheaters, Dr. Wolfgang Kühnhold, dem restlos begeisterten Publikum augenzwinkernd und mit leichter Hand serviert. Da erdreistet sich der französische Theaterautor und Erzkomödiant Molière doch glatt, den Frauen ein erfülltes Dasein in Küche und Kinderzimmer anzudichten und ihnen die Berufung zu wissenschaftlicher und poetischer Betätigung abzusprechen! Oder sollte das familiäre Ränkespiel um die Verheiratung der jüngsten Tochter Henriette vielleicht doch nicht ernst gemeint und gar satirisch zu verstehen sein?
Die raffiniert gebaute Geschichte erweist sich als dankbarer Stoff für eine deftig-überdrehte Komödie, in der Kühnhold nicht nur die Schminke dick auftragen lässt. Seine Bühnenfiguren dürfen sich bei der Kolorierung der Charaktere der ganzen Palette mimischer und gestischer Farbtöpfe bedienen. Und so liegt dem blasierten Dichter Trissotin in köstlich karikierten Verzückungsszenen die holde Weiblichkeit des Hauses zu Füßen. Mutter Philaminte möchte ihn am liebsten mit ihrer jüngsten Tochter verheiraten, um den dekadenten Schöngeist dauerhaft an die Familie zu binden - doch die liebt ein ganz und gar bodenständiges Mannsbild, das sie viel lieber am Herd sähe. Dass die praktische Vernunft schließlich über die poetischen Träume siegt, ist allerdings nur einer List und der Überzeugungskraft des schnöden Mammons zu verdanken.
Dass die blitzgescheit inszenierte und verblüffend »modern« wirkende Geschichte so wunderbar leicht und transparent daher kommt, ist zuvorderst einem Ensemble zu verdanken, das in seiner Rollensouveränität und Spielfreude schon hochprofessionelle Züge verrät. Vor allem Verena Arnhold als distinguierte Frau Philaminte, Irena Tadic als ihre gelehrige Tochter Armande und Miriam Sievers als bigotte Schwägerin Belise liefern immer wieder komödiantische Kabinettstückchen ab. Doch auch ihre Bühnenkollegen glänzen durch prägnante Figurenzeichnung und klare Textverständlichkeit in den herrlichen Molière-Reimen, die bisweilen wie im Ping-Pong-Spiel hin- und hergespielt werden. Also: unbedingt ansehen (nächste Aufführungen 15., 18., 19. und 22. Januar)!

Artikel vom 15.01.2005