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»Wo Schule drauf steht,
müssen Lehrer drin sein«

Wolfgang Bosbach sprach beim CDU-Neujahrsgespräch

Halle (kg). In Halle hatte der Kapitän der Tennismannschaft im Deutschen Bundestag gestern seinen ersten Aufschlag: Wolfgang Bosbach, stellvertretender Vorsitzender der christdemokratischen Bundestagsfraktion, war in diesem Jahr der prominente Gast beim CDU-Neujahrsempfang im Sportpark.

Bevor der »gute Freund« von Bundestagsabgeordnetem Hubert Deittert das Wort ergriff, bat Stadtverbandsvorsitzender Jürgen Wolff Landtagskandidaten Günter Kozlowski ans Mikrofon. Mehr Arbeitsplätze, weniger Bürokratie - mit einem launigen Vergleich zum Pkw-Navigationsssystem erklärte der CDU-Bewerber für den Düsseldorfer Landtag: »Nach 30 Jahren SPD-Herrschaft im Land ist die Route jetzt berechnet!«.
Bosbach hielt »keine Haudrauf-Rede«, sondern forderte von den CDU-Mitgliedern, im Gespräch mit den Bürgern Probleme und konkrete Lösungsansätze argumentativ anzugehen. »Ich schlage vor, dass die CDU sich weniger mit sich selber befasst, sondern mit den Problemen des Landes«, verlangte er nach »diesem verworrenen Jahr« - und erntete seinen ersten Applaus. Die Menschen sollten die Union nicht als das kleinere Übel wählen, sondern als die bessere politische Alternative, schnitt er die große Vertrauenskrise für die Politik an. Hier sah Bosbach eine gewaltige Herausforderung. Wenn man Vertrauen zurückgewinnen wolle, müsse man berücksichtigen, dass nicht alles, was legal auch legitim sei. Gerade derjenige, der ein Amt inne habe, müsse die Wirkungen seiner Taten prüfen.
»Wir leben in einer Zeit dramatischer Veränderungen, deren Auswirkungen unterschätzt werden«, nannte der Redner Beispiele: alle fünf Minuten neue medizinische Erkenntnisse, jede Minute eine neue chemische Formel, 23 Milliarden Kurznachrichten, die in enem Jahr in Deutschland von Handy zu Handy übertragen werden. »Wenn China Gas gibt, sehen wir nur noch die Rücklichter«, wies er auf den Wettbewerb mit anderen Volkswirtschaften hin, der nur mit Investitionen im Bildungsbereich auffangbar sei. Und zwar nicht mit offenen Ganztagsschulen. Bosbach: »Wo Schule drauf steht, müssen auch Lehrer drin sein, nicht nur Betreuung«.
Vor dem Hintergrund immer weiter sinkender Geburtenzahlen und eines »rasanten demografischen Wandels« forderte er eine bessere Familienpolitik. Dies beginne schon im kommunalen Bereich mit der Bauleitplanung. Auch der Mut zu unpopulären Entscheidungen sei unumgänglich. Das beste, das der Staat tun könne, sei die Menschen möglichst wenig daran zu hindern viel zu arbeiten. Dazu bedürfe es auch einer Steuerreform, die ihren Namen verdiene.

Artikel vom 17.01.2005