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Ehrenamtliche Hilfe für Spätaussiedler

Dem preisgekrönten Integrationsprojekt »Nadeschda« in Dehme fehlt es an Einheimischen

Von Thomas Hochstätter
(Text und Foto)
Bad Oeynhausen-Dehme (WB). 50 Spätaussiedler sind im vergangenen Jahr nach Bad Oeynhausen gekommen. Gegenüber den Zahlen der Vorjahre ist das wenig. Doch die Probleme der Neuankömmlinge sind nicht kleiner geworden. Hilfe bekommen sie in der Spätaussiedler-Beratungsstelle »Nadeschda« am Kleeweg 13.

»Weil Bad Oeynhausen seine Aufnahmequote längst erfüllt hat, dürfen jetzt nur noch Familienangehörige nachziehen«, erklärt Kirsten Kruse, »und zwar nur noch Verwandte ersten Grades, also Kinder, Eltern oder Geschwister von Menschen, die bereits inder Stadt leben.« Kirsten Kruse aus dem Amt für Jugend und Soziales leitet gemeinsam mit Birgit Meyer vom Diakonischen Werk das Projekt »Nadeschda«, das kürzlich von Landrat Wilhelm Krömer mit einem Förderpreis ausgezeichnet worden war (WB vom 16. Dezember). Fünf ehrenamtliche Mitarbeiter bekamen damals zusammen 1750 Euro zugesprochen - eine Anerkennung ihrer Tätigkeit seit Gründung des Projektes im Jahr 1999.
Die Menschen, die da mit Sprachkursen und Hilfe bei Ämtergängen wertvolle Integrationsarbeit leisten, sind durchweg selbst Spätaussiedler. Einheimische für diese Aufgabe zu gewinnen, ist bisher nicht gelungen. »Dabei wäre das so wichtig«, sagt Birgit Meyer. Denn Kontakte zu Einheimischen zu knüpfen, falle vielen Menschen, die jetzt aus Russland oder Kasachstan nach Deutschland kommen, sehr schwer. Deutsch sprächen die meisten kaum noch.
Die Vorbereitung auf das Land, in dem es die Kinder einmal besser haben sollen, sei mitunter erschreckend gering: »Verwandte schicken Bücher oder Kassetten zum Deutsch lernen, aber die bleiben liegen«, erzählt Kirsten Kruse von frustrierenden Erfahrungen, die sie in 15 Jahren Aussiedlerarbeit eben auch gemacht habe. »Es reicht doch, wenn ich in Deutschland mit dem Lernen anfange« sei eine verbreitete Haltung.
Das macht die Arbeit von Tamara Hilgenberg, Agnes Bergen, Johann Bückert, Olga Henschel, Ella Getting oder Maria Frank nicht leicht. Verkehrssprache bei »Nadeschda« ist deshalb Russisch. Kirsten Kruse und Birgit Meyer haben überlegt, ob sie für ihre Arbeit mit den Spätaussiedlern auch Russisch lernen sollen. Sie haben sich dagegen entschieden - aus Prinzip.
Illusionen machen sich die beiden Projektleiterinnen nach Jahre langer Arbeit nicht mehr: »Es gibt Menschen, deren Integration nicht gelingen wird, weil wir sie nicht erreichen«, sagt Birgit Meyer. Bei Jugendlichen helfe es manchmal, ihnen deutlich zu machen, dass es kein Zurück gebe, dass das Leben in einer russischsprachigen Parallelwelt keine Lösung sei. Aber nicht bei allen.
Außenkontakte seien hilfreich. »Sport im Verein ist zum Beispiel ein guter Weg«, sagt Kirsten Kruse. Birgit Meyer hat auch über Veranstaltungen mit Künstlern nachgedacht, die positive Beispiele geben sollen, Ausstellungen oder Lesungen von Spätaussiedlern, die den Sprung geschafft haben, die in Deutschland angekommen sind. Wer helfen will, kann sich bei ihr unter & 25 23 57 melden.

Artikel vom 13.01.2005